Unternehmenskultur bewusst mit Leben erfüllen

Eindrücke und (Be)merkenswertes aus dem Festival 22butterfly, Mai 2022 in Linz

Da ich die Veranstaltung nur via Laptop miterleben konnte, überlasse ich einen umfassenden Bericht den dazu Berufenen und verlinke ihn dann gerne. Derzeit gibt es auf der Site des Veranstalters cucocu.com bereits einen visuellen Nachbericht. Die Bilder zeigen was nur durch das Liveerlebnis erfahrbar war: Künstlerinnen und Künstler legten mit Musik und Performances einen atmosphärischen Teppich für die Auftritte der Vortragenden und der großartig moderierenden Ulrike Jung.

ein Beispiel für die künstlerischen Beiträge während des Festivals: Crystn Hunt Akron © Jürgen Grünwald

Um den Gesamteindruck abzurunden, fehlen mir außerdem die Workshops, das Abendprogramm und die spannenden Diskussionen, Streitgespräche und überraschenden Einsichten beim Kaffee, in der Bar, abends in der Linzer Nachtwelt. Da findet ja meist das Wichtigste bei einem solchen Kongress statt.

Aber zurück zum Start

Angekündigt war, Corporate Culture nicht nur aus der (derzeitigen) Perspektive der Organisationsentwicklung zu betrachten und zu diskutieren, sondern ganzheitlich zu sehen und mit den Möglichkeiten von Kulturarbeit und Kreativität gezielt zu gestalten.

Ernst Demmel und Ulrike Jung © Jürgen Grünwald



Alle Fotos Jürgen Grünwald

Ernst Demmel, der Initiator von 22butterfly.com, drückte es so aus: „Wir wollen Learnings aus Leadership, Change Management und Innovationsarbeit mit Skills aus der Kreativwirtschaft, aus Design und Kunst zusammenführen und so mehr Appeal durch Haltung und bewusst gelebte und inszenierte Kultur anstoßen.“




Welchen Unterschied kann dieser Anspruch machen?

In Büchern und Management-Trainings wird seit langem beschrieben, was  sich in Organisationen ändern sollte. Aber bis jetzt konnte man noch wie gehabt weiter tun und es bei den Sonntagsreden belassen. Keywords wie Haltung, Geschichte, Leitbild, Vision, Mission, Zweck u.ä. sind schon lange bekannt. Sind sie etwas Neues wenn sie nun mit neuen Begriffen wie Mindset, Spirit, DNA, Purpose, Storyliving usw. benannt werden?

Das Festival machte deutlich was sich verändert hat

– Die Qualität macht den Unterschied, zum Beispiel die Qualität des Prozesses einer Leitbildentwicklung. In einer der spannenden Reflexionsrunden erlebten wir ein beeindruckendes Beispiel für die Einsicht, einen jahrelang erfolgreichen Beratungsansatz radikal zu ändern.
– Die Theorien zu verstehen ist nicht mehr ausreichend, es ist notwendig sie auch zu fühlen und ihre Umsetzung zu wollen.
– Veränderung ist kein einmaliges Projekt, sondern ein ständiger Prozess.
– Storytelling wird zum Storydealing und Storyliving, weil Geschichten entfalten ihre stärkste Wirkkraft, wenn sie tatsächlich erlebt werden.

Reflexionsrunde mit Philippe Narval, Franzsika Fink, Steffi Burkhart, Marc Mertens © Jürgen Grünwald



Aus den Präsentationen und Reflexionsrunden ist einiges (be)merkenswert

Steffi Burkhart und Ulrike Jung © Jürgen Grünwald

Steffi Burkhart
Steffi sieht sich als Botschafterin der Millennials. Sie plädiert dafür, den status quo zu hinterfragen, aber nicht beim „warum“ stehen zu bleiben, sondern im nächsten Schritt „what if“ zu diskutieren, zu experimentieren, Beta-Stadien bereits zu nutzen, Fehler zu begrüßen und daraus zu lernen.

Denken erweiternd finde ich auch ihre Definition von Arbeitsräumen:
1stplace = home (!), 2ndplace = office, 3rdplace = irgendwo, 4thplace = virtuelle Zusammenarbeit, 5thplace = Denkraum (!)

Simon Sagmeister © Jürgen Grünwald

Simon Sagmeister
Kultur ist Herz, Verstand und Seele einer Organisation.
Sie ist dafür verantwortlich, wie Menschen in einer Organisation
wahrnehmen, denken, fühlen und handeln.

Kultur bestimmt, wie die Organisation tickt. Simon stellt die von ihm entwickelte Culture Map vor, die anhand von sieben Werteclustern mit jeweils einer Farbe die Charakteristika einer Kultur zeigen. Anhand typischer Kulturmuster konnten bekannte Organisationen von den TeilnehmerInnen schnell erkannt werden.
The Culture Institute

„Diskussionen = Meinungsaustausch
Dialog = Erfahrungsaustausch“

Wolfgang Pastl

Georg Wolfgang

Georg Wolfgang © Jürgen Grünwald

Georg meint, das Künstlerische würde zu selten als Möglichkeit genutzt, zum Beispiel wenn das Team beratungsmüde ist. Er nennt kleine, einfache aber überraschende Maßnahmen, die Culture Hacks, um die Kultur zu irritieren:

– Gärtli-Treffen: regelmäßiges informelles Treffen beim Bier zur Vernetzung
– Geh-spräche: statt Meetings Spaziergänge der Teams
– Unglaubliche Kennzahlen: Blatt mit %-sätzen aufhängen, die zum Staunen und zu Diskussionen anregen
– Ugly Baby time steigern, das ist Zeit für Innovationen, neue Ideen. Räume und Zeit dafür schaffen,
zulasten des Tagesgeschäfts, der Hungry Beasts, die immer hungrig sind.  
Culturizer GmbH

„Um „Souly Sides“ zu befeuern, braucht es
Geschichten, Symbole, Rituale, Mythen,…“

Ernst Demmel

Franziska Fink © Jürgen Grünwald

Franziska Fink
Für sie ist „Purpose“ das Zauberwort und sie bringt Beispiele, wo der Purpose realisiert wurde und nun Leuchtturm und damit Vorbild für andere Organisationen ist.  An Purpose soll alles ausgerichtet und gesteuert werden, auch zum Beispiel die Personalprozesse. Üblich ist, die Fähigkeiten von MitarbeiterInnen zu bewerten, aber sind das die Fähigkeiten, die den Purpose unterstützen?
Beratergruppe Neuwaldegg
zum Nachlesen: https://www.neuwaldegg.at/publikationen/blog/wozu-purpose/

Franziska vermisst bei den Begriffen Vision, Mission, Zweck usw. die Beschreibung ihrer WIRKUNG. Schade, dass Doris Rothauer ihr Modell der Wirkung nicht eingebracht hat. Sie beschäftigt sich mit der gesellschaftlichen Rolle und sozialen Wirkung von Kunst, Design und Kreativität in einer Welt, die neue Formen der Orientierung und des Miteinanders braucht. In Erinnerung habe ich ihre Skizze der Wirkungstreppe:

„Ideen sind keine Lösungen, aber ohne Ideen gibt es keine Lösungen.“

Doris Rothauer

Patrick Rammerstorfer
Führt von VUCA zu BANI: 
VUCA beschreibt die Welt als volatile = unbeständig, uncertain = unsicher, complex = komplex und ambiguous = mehrdeutig. Nun ist die Welt von Chaos geprägt und braucht ein neues Akronym.
BANI steht für brittle = brüchig, anxious = besorgt, non linear= nicht geradlinig, incomprehensive = unbegreiflich.

Die Systemische Sicht auf die Entwicklung der Organisation braucht Organisationsentwicklung UND Personalentwicklung. Denn die Veränderungsfähigkeit eines Unternehmens beginnt bei den Kompetenzen der MitarbeiterInnen.

Pro Active Beratungs- u. Trainings GmbH

Tim Leberecht © Jürgen Grünwald

Tim Leberecht

Der Business-Romantiker mit Fantasie, Intuition und Hingabe für ein Beautiful Business. Sein Input hat mich so beeindruckt, dass ich kein Wort mitgeschrieben habe. Aber da ich den Newsletter abonniert und die Konferenz „Concrete Love“ in Lissabon 10/21 verfolgt habe, kann ich ein Highlight zitieren: „What I Learned From Taking Part In A Silent Dinner“, das würde ich sehr gerne einmal erleben!

www.houseofbeautifulbusiness.com

Gerhard Obermüller und Verena Hahn

Die Spezialisten für Unternehmensgeschichte, als Buch, Ausstellung, Video oder digitales Format. Ihre Überzeugung: Success Stories allein sind uninteressant. Wir wollen Erfahrungen begreifen, d.h. nicht nur Geschichten von Erfolgen, sondern auch von Niederlagen, Rückschlägen und von Scheitern lesen, hören und erleben. Manchmal muss dafür Überzeugungsarbeit geleistet werden, denn Unternehmen wollen lieber nur ihre Sonnenseite präsentieren.

Rubicom, Agentur für Unternehmensgeschichte

Wolfgang Preisinger

Wolfgang Preisinger © Jürgen Grünwald

Wolfgang, Gründer der Fabrikanten, demonstriert mit einfachen Mitteln,
wie Veränderung in wenigen Augenblicken erlebt werden kann:
„Jeder sucht sich einen neuen Platz und damit einen neuen Sitznachbarn!“  
Wow! Das bringt Bewegung ins Auditorium!

Wolfgang gewährt auch Einblicke in die Erfahrungswelt der Fabrikanten – die Insights anhand der Metapher vom Fliegen:

– die Flugbahn ändern = raus aus Routinen, aus der Logik des Alltags
– Fluglotsen an Bord nehmen und ihre Potenziale freisetzen
– Ballast über Bord werfen = Platz schaffen für Neues
– wenn das Team beratungsmüde ist, mit Künstlerischen Interventionen Neues ermöglichen
– Autopilot = Selbststeuerung wagen
– mit Kunst abheben und die Änderungen wieder auf den Boden bringen
– lautlos segeln, das Team in den flow bringen
Die Fabrikanten

Stefanos Pavlakis
Seit 40 Jahren experimentieren die Wirklichkeitenerfinder mit Geschichten als Erfahrungsraum. Storydealing ist ein erlebnisorientierter Ansatz, der durch Geschichten Gefühle, Emotionen spürbar machen soll. Geschichten entfalten ihre stärkste Wirkkraft, wenn sie tatsächlich erlebt werden.
Storydealer

„Mit Geschichten zu arbeiten heißt, bestehende Organisationsmuster vorübergehend außer Kraft zu setzen um eine andere Wirklichkeit in Erscheinung zu bringen.“

Storydealer

Doris Rothauer
Die Impact-Expertin plädiert dafür, offen zu sein für das Neue, etwas zu riskieren, mit Unsicherheit umzugehen, mitzugestalten und Wirkung zu entfalten. Dann werden wir kreativer, experimentieren mehr, zum Beispiel wie wir Krisen bewältigen können, Jeder hat das Potenzial für Kreativität, soll sich mit Kunst auseinandersetzen und Künstlerische Strategien als Vorbilder nehmen.
Büro für Transfer

Denn wir können von Künstlerinnen und Künstlern lernen:
think like an artist, steal like an artist.

Reflexiionsrunde mit Karin Wolf, Andrea Hummer, Mario Sinnhofer © Jürgen Grünwald

Die Bilanz
Ein mehr als bunter Strauß an Informationen, Erfahrungen, Anregungen, Erlebnissen, Kunstgenuss, Austausch wurde geboten. Etwas davon umzusetzen liegt natürlich bei jedem Einzelnen. Ernst Demmels Vision einer Plattform für das Thema Corporate Culture zur Vernetzung aller Interessierten wird dazu beitragen!






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Die Schatztruhe öffnen – Potenziale der MitarbeiterInnen entfalten!

Entwicklung und Erfolg hängen davon ab, ob die Schätze an Kreativität, Erfahrung, Energie und Lust am Neuen, die bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vorhanden sind, in den Organisationen gesehen, geschätzt und aktiviert werden. Das gilt besonders für implizites Wissen und Fähigkeiten, die aufs Engste mit der jeweiligen Person verknüpft.

Dazu müssen herkömmliche Routinen und Verhaltensweisen hinterfragt, neue Ideen ausprobiert und auch Fehler gemacht werden dürfen. Gibt es Zeit und Raum fürs Reflektieren, fürs Experimentieren? Gibt es die dafür erforderliche Kultur im Unternehmen? Wie steht es um die Selbstsicherheit der Mitarbeitenden? Sind sie sich ihrer Fähigkeiten bewusst und können sie sich durch ihre Arbeit weiter entwickeln?

Wie wichtig es ist das Potenzial, das in der Organisation schlummert, freizusetzen, dafür gibt es reichlich Literatur, Konzepte und Appelle. Aber WIE erreicht man dieses Ziel in der Praxis?

Auf den ersten Blick sind natürlich die UnternehmerInnen und Führungskräfte gefordert. Kerngeschäft des Managements ist, zukunftsorientiert die Voraussetzungen für ständige Veränderung zu schaffen. Aber viele sind selbst gefangen in den gewohnten Denkmustern. Der Druck, der heute überall herrscht, hindert ebenfalls daran mutig zu sein und Neues anzupacken. Manchmal braucht es einfach einen Impuls von außen, um Veränderungsprozesse anzustoßen.

Experten für den Blick von außen sind Consultants. Der Auftrag an sie ist aber meist mit konkreten Zielen verbunden. Fachberatung fokussiert auf Inhalte, Stärken und auf „mehr desselben“. Systemische Beratung hat zwar einen ganzheitlichen und prozessorientierten Blick auf Zusammenhänge, orientiert sich aber auch eher an vorhandenen Ressourcen. So kann das „radikal Neue“ nicht entstehen. Es erfordert einen völlig anderen Blick auf Menschen, Themen und Zukunft. Es geht darum, das eigene Unternehmen und die eigene Tätigkeit mit anderen Augen zu sehen.

Deshalb entdecken immer mehr UnternehmerInnen und ManagerInnen die Chance, die ihnen die Irritation durch den unverfälschten, offenen und kritischen Blick von Künstlerinnen und Künstlern eröffnet. Der renommierte Organisationsberater Edgar Schein von der Sloan School am MIT argumentiert: „Art and artists stimulate us to see more, hear more, and experience more of what is going on within us and around us.“ [1]

ZeitschriftCoverIn der Zeitschrift „supervision 01_2015“ erschien mein Artikel „Kunst irritiert – und wirkt“. Ich beschreibe in diesem Beitrag, wie Irritationen, die Künstlerinnen und Künstler bei Mitarbeitenden in Organisationen auslösen, zu neuen Perspektiven,Verhaltensänderungen und wirtschaftlichen und sozialen Innovationen führen können. Anhand internationaler Praxisbeispiele (Deloitte, Gaulhofer Industrieholding GmbH, i3tex – technischen Beratung Schweden, Rechtsanwaltssozietät Köln, dm Drogeriemarkt) wird diese Form Impulse zu setzen, die Künstlerische Intervention, anschaulich gemacht.

Irritation kann unterschiedlich empfunden werden: Sie stört, sie verwirrt, sie lässt kurz innehalten – und löst Widerstand aus, denn Systeme wehren sich zunächst gegen Angriffe von außen. Dann aber wird die Irritation fast immer als Anregung erlebt und das ist die Chance: Ich werde neugierig, ich beginne zu denken, ich denke bisher Nicht-Gedachtes, erlebe etwas ganz neu, nehme etwas Unbekanntes wahr. Meine Beurteilung der Situation ändert sich, ich entdecke neue Handlungsmöglichkeiten. Dann kann diese Irritation befreiend sein, sie wird zur Inspiration, eröffnet mir neue Sichtweisen und Möglichkeiten, sie überrascht mich – aha! So geht es auch, sogar besser!

Da der Artikel auf der Homepage von supervision nicht downloadbar ist, maile ich ihn gern, wenn Sie mir Ihre Email-Adresse bekannt geben.

[1] Schein, E., (2001). The role of art and the artist. Reflections 2(4):81-83

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Literatur für Einsteiger zum Thema „Kunst im Unternehmen“

Buchcover Kunst im Unternehmen

 

„If I can’t picture it – I can’t understand it“ – dieses Zitat von A. Einstein stellt Bianca Edda Weber an den Beginn ihrer Auseinandersetzung mit dem Thema Kunst und Wirtschaft. Ihr Anliegen ist es, dem Leser eine kompakte, systematische Einführung in die Materie zu ermöglichen. Dabei geht es vor allem darum, die Bedeutung und den Nutzen künstlerischer Interventionen in Unternehmen bewusst zu machen. Weg von dem noch immer weit verbreiteten Gedanken, Kunst im Unternehmen mit Sponsoring oder Behübschung der Vorstandsetagen zu verbinden.

„Benötigen Gesellschaften und ihre Individuen Zeit, um Wahrnehmung und Dasein an die sich stetig wandelnden Bedingungen anzupassen, sind es die Künstler, die stets einen Schritt schneller gehen und aus dem Neuen schöpfen“. Die Autorin schränkt allerdings den Kunstbegriff auf bildende Kunst ein, wodurch vielfach eingesetzte künstlerische Initiativen aus der Welt des Theaters, der Musik und anderen Kunstsparten ausgeblendet werden.

Aus der vorhandenen Literatur leitet B.E.Weber Nutzen und Wirkung von Kunst ab: Erkenntnis- und Wahrnehmungsfunktion als Chance eingefahrene Denk- und Handlungsmuster zu verlassen. „Der Umgang mit Kunst kann als Wahrnehmungstraining verstanden werden“. Die Auseinandersetzung mit Kunstwerken, das Sehen, Interpretieren oder Vergleichen inspiriert zu kreativen, innovativen Prozessen. Aber auch die Imagewirkung für das Unternehmen in der Öffentlichkeit betont sie als wesentliche Funktion.

Kunst wird in ihrer Wirkung nach innen – als Teil der Unternehmenskultur, der Personal- und Organisationsentwicklung analysiert. In ihrer Wirkung nach außen prägt sie die Unternehmenskommunikation. Als integrativen Ansatz bezeichnet sie die Wirkung nach innen und außen. Kunst kann dabei einen Mehrwert in der Strategieentwicklung generieren, indem sie Veränderungen seismographisch antizipiert, komplexe Entwicklungen verständlich macht und zu Grenzüberschreitungen ermutigt.

Die zahlreichen Beispiele werden anhand des Einsatzes von Kunst in den verschiedenen Unternehmensbereichen vorgestellt. So findet man Initiativen für Kunst als integralen Bestandteil der Unternehmenskultur (Würth GesmbH &Co KG), Kunst für die Entwicklung einer innovativen Werbe- und Recruiting Kampagne (Boston Consulting Group), Kunst als Prozessbegleiter zur Erzeugung innovativer Denkansätze (Daimler AG) und Kunst als Katalysator für die Teamentwicklung bei Mergers (Haworth).

Besonders spannend fand ich das Beispiel der Beratungsfirma Droege&Comp.1), bei dem Kunst als Grundlage zur Entwicklung einer Unternehmensstrategie dienen sollte. Das Motto war „Beratung ist Umsetzung nach allen Regeln der Kunst“, was das Unternehmen nicht als Wortspielerei verstanden wissen will, sondern „sieht die Kunst der Beratung darin, die Einheit von Konzeption und Handeln herzustellen. Dafür sind bestimmte Regeln notwendig…… Kunst schöpft aus der Veränderung, dem Neuen und Unbekannten. Zusätzlich ist sie Sinnstifter und inspiriert. …Es mag zwar nicht so erscheinen, dennoch folgt die Kunst und die Entstehung von Kunstwerken Regeln.“ Diese Annahme hat bewirkt, dass zusammen mit dem Lehrstuhl für Kunstwissenschaft Ästhetik und Kunstvermittlung der Universität Witten/Herdecke für das Unternehmen ein Kunstkonzept entwickelt wurde, das heute als Grundlage der Beratungsphilosophie eingesetzt wird.

Das Buch schließt mit einer graphischen Übersicht über den Einsatz von Kunst im Unternehmen. Die Ausführungen folgen dem stringenten Aufbau einer wissenschaftlichen Arbeit mit theoretischen und definitorischen Erläuterungen zu jedem Kapitel. Die Autorin bietet mit dieser Arbeit eine verständliche Orientierung für Einsteiger in die Thematik „Kunst und Wirtschaft“.

Bianca Edda Weber „Kunst im Unternehmen“, Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg 2010, ISBN-13: 978-3836690669. Die Zitate wurden dem Buch entnommen.

1) Das Kunstkonzept von Droege haben wir auch in zwei anderen Publikationen gefunden, die wir bereits besprochen haben: „Das Wie am Was“ und „Künstlerische Irritationen im Unternehmen“.

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Das Kunstkonzept von Droege & Comp.

buch_das wie am wasIn einem dialogischen Prozess mit dem Kunstexperten Prof. Dr. Michael Bockemühl entwickelte die Unternehmer-Beratung Droege & Comp. Düsseldorf 1995 gemeinsam das Konzept, durch Kunst die eigene unternehmerische Kompetenz und Beratungsqualität und damit auch die Kompetenz der Kunden zu ihrer Eigenentwicklung zu steigern. Das Ergebnis war

  • die Integration von Kunst in die Unternehmenskultur,
  • ein Zusatz zum Unternehmens-Claim (der übrigens noch heute gilt) „Beratung ist Umsetzung“, nämlich „…. nach allen Regeln der Kunst“,
  • die Integration des Kunstkonzepts in das Kerngeschäft der Beratung und in das Qualifizierungssystem und
  • ein Buch, in dem der Weg zum Konzept, das Kunstkonzept in der Praxis und sein Nutzen für Berater und Kunden ausführlich beschrieben werden.

Autoren sind der Kunstexperte Bockemühl (1943 – 2009), damals Professor für Kunstwissenschaft und –vermittlung an der Hochschule Witten-Herdecke und der (damals) geschäftsführende Partner von Droege, Thomas Scheffold (seit 2012 Generalbevollmächtigter von Droege International). Der Titel des Buches „Das Wie am Was“ drückt aus, dass es um das „Wie“ geht, um die Art und Weise des Vorgehens beim Wahrnehmen und Gestalten – sowohl in der Kunst als auch in der Unternehmensentwicklung. Die Autoren führen (auch mit vielen Abbildungen von Kunstwerken) vor Augen, dass die spezifischen Vorgehensweisen, die Prozesse und Regeln künstlerischen Handelns, die in der Kunst zu Spitzenqualität führen, auch in Wirtschaftsunternehmen wirksam eingesetzt werden können.

Kunst als kreativer Impulsgeber

Der Umgang mit Kunst stiftet an neu zu sehen, neu zu erkennen. Durch diese neuen Sehweisen erweitert sich auch der Spielraum unseres Handelns. Die Kunst eröffnet damit neue Dimensionen für das Handeln. Durch Kunst entwickeln die MitarbeiterInnen ihre Wahrnehmungsfähigkeit und lernen, die Phänomene der Kunst auf die Problemstellungen der Kundenprojekte zu übertragen. Thomas Scheffold von Droege fasst es so zusammen:
„Der Umgang mit Kunst gibt uns Anregungs- und Reflexionsmöglichkeiten, um bei unserer beruflichen Tätigkeit Routinelösungen zu umgehen.“

Es wurden im Berater-Team 13 Regeln der Kunst formuliert und dazu die kongruenten Regeln der Beratung gesucht. Zwei Beispiele:

Kunst macht sichtbar. Kunst lehrt sehen.
Beratung schafft neue Sichtweisen.
– Gestaltungsmöglichkeiten sehen und umsetzen
– das Erkennen bereichern
– Transparenz herstellen

Kunst macht Unmögliches möglich.
Beratung findet Möglichkeiten.
– neue Durchbrüche erreichen
– Grenzen ausloten
– kein Respekt vor Heiligen Kühen

Bei der Wahl der KünstlerInnen, die für die Zusammenarbeit gewonnen wurden, stand immer die Wirkung ihrer Kunstwerke im Sinne von Inspiration und Impulsgebung für die Beratungsarbeit im Vordergrund. Wichtig waren auch die Gespräche zwischen den Künstlern und den Beratern, die sich trotz der unterschiedlichen Persönlichkeiten als lebendiger Austausch entwickelten.

Das Projekt war als permanenter Lernprozess angelegt. Das Buch zeigt daher den aktuellen Status nach rund zwölf Jahren Erfahrung aus einem auf ständige Weiterentwicklung angelegten Arbeitsprozess. Inzwischen sind fast 20 Jahre vergangen und Droege ist heute ein Internationales Beratungs- und Investmenthaus. Das Kunstkonzept ist nach wie vor ein integrierter Teil der Unternehmensphilosophie und kann auf der Homepage unter dem Link „Das Wie am Was“ nachgelesen werden.

http://www.droege-group.com/de/wie-am-was/

Michael Bockemühl, Thomas K. Scheffold „Das Wie am Was – Beratung und Kunst. Das Kunstkonzept von Droege & Comp.“, 2007, Verlag Frankfurter Allgemeine Buch, ISBN-13: 978-3899811339

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Kreative Projektideen für die Wirtschaft

565 Unternehmen aus der Kultur- und Kreativwirtschaft haben sich beim bundesweiten Wettbewerb „Kultur- und Kreativpiloten Deutschland 2013“ beworben. Aus dem umfassenden

Christian Hoffmann_SpielPlan
Christian Hoffmann_SpielPlan

Auswahlverfahren sind 32 Preisträger hervorgegangen, darunter „SpielPlan“, das Team um Christian Hoffmann in Berlin, langjähriger Kooperationspartner meines Unternehmens VeranstaltungsDesign. Mit dieser Auszeichnung wird anerkannt, dass Theaterkonzepte, die maßgeschneidert für konkrete Situationen und Themen eines Unternehmens entwickelt werden, eine starke und nachhaltige Wirkung haben.

Die KünstlerInnen von SpielPlan gehen ins Unternehmen, machen sich ein Bild, schlüpfen in die Rollen von Führungskräften und MitarbeiterInnen um dem Unternehmen einen Spiegel vorzuhalten oder motivieren die MitarbeiterInnen, sich in die Rolle ihrer Chefs oder Kollegen und Kolleginnen zu versetzen. Eine fremde Perspektive einzunehmen, selbst zu spüren, welche Emotionen dabei hochkommen, hilft den Anderen besser zu verstehen, sich selbst und das Team neu wahrzunehmen. So können Konflikte gelöst, Prozesse und Beziehungen verbessert werden.

In Österreich ist derzeit Wolfgang Kainz mit Businesstheater Wien der erfahrenste Anbieter von Theaterprojekten für die Wirtschaft. Unter „Praxisbeispiele“ werde ich demnächst über aktuelle Projekte beider Unternehmen berichten.

Informationen zu SpielPlan

Die Preisträger des Wettbewerbs

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Lern-Erlebnis Improtheater

Theater im Bahnhof / Foto:Johannes Gellner
Theater im Bahnhof / Foto Johannes Gellner

Unter Improvisation versteht man normalerweise Handeln ohne Vorbereitung. Wenn Sie jemals die Aufführung einer Improtheater-Gruppe gesehen haben (zb Theater im Bahnhof in Graz, das TAG und die English Lovers in Wien), dann haben Sie sicher gemerkt, dass Profis auf der Bühne stehen. Dahinter steckt langes Training. KünstlerInnen bereiten sich darauf vor, dass etwas Unerwartetes passiert und wollen dafür gerüstet sein. Sie nehmen die Tatsache, dass immer etwas geschehen kann, womit sie nicht rechnen, als positives Ereignis an, ja sie hoffen sogar, dass es passieren wird. Je mehr ein Künstler sich darauf vorbereitet zu improvisieren, desto mehr Freiheit hat er, kreativ zu sein und etwas wirklich Neues, Innovatives hervorzubringen. Ein schönes Beispiel dafür zitiere ich in der Buchbesprechung „The Creative Habit“: Wie entsteht ein außergewöhnliches Foto? (unter „Literatur“)

Und noch etwas kann man beimImprovisationstheater erleben und lernen. Je mehr jeder Einzelne die Mitspieler auf der Bühne unterstützt, umso besser wird sie/er selbst und vor allem die Gesamtleistung. Mit Selbstdarstellern scheitern Impro-Szenen. Sehen Sie die Parallele zum Unternehmen? Die Leistung jedes einzelnen Mitarbeiters hängt hochgradig davon ab, wie gut sie/er in das Team passt und welche Unterstützung sie/er durch die anderen Mitglieder des Teams erhält. Das gilt für jeden im Team und damit für das gemeinsame Ergebnis.

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Kulturwandel: Vom Funktionieren zum Gelingen

Gerald Hüther / Homepage

„Es geht nicht um’s Funktionieren, es geht um’s Gelingen!“, hörte ich Gerald Hüther sagen, den inzwischen auch in Österreich bekannten Hirnforscher. Und zwar beim Symposium „Kunst fördert Wirtschaft“, 2010 in Dortmund. Ein solcher Satz muss sickern, er lädt dazu ein, hineinzuhören in die eigenen Gefühle, inneren Einstellungen und Haltungen. Erinnere ich mich an ein Hochgefühl, als mir etwas „gelungen“ ist? Was war das? Oder bin ich schon zufrieden, wenn alles reibungslos klappt, wenn ich „funktioniere“. Bei allem was mich begeistert, wofür ich mich brennend interessiere, was mich freut und was ich im Leben wichtig finde, da stellt sich auch das Gefühl des Gelingens ein. Ein wirklich gutes Gefühl.

Auf der Homepage von Gerald Hüther werden Sie ermutigende Sätze finden, aber auch anspruchsvolle, denn: „Es fällt nichts vom Himmel!“ (zit. Hüther)
Hier nur einige Beispiele, die Sie auch vor der Folie des Themas Kunst und Wirtschaft lesen können, nicht umsonst war Hüther Referent zum Thema „Kunst fördert Wirtschaft“:

  • Unser Hirn macht uns vor was qualitatives Wachstum ist. Es wächst nicht so lange weiter bis uns die Schädeldecke zerplatzt, sondern indem es die Beziehungen zwischen den Nervenzellen intensiviert.
  • Wem Gelegenheit geboten wird, zu zeigen, was er kann, und wem das Gefühl vermittelt wird, dazuzugehören und zum Gelingen des Ganzen beitragen zu dürfen, der strengt sich nicht nur an. Der denkt auch mit. Der übernimmt auch Verantwortung und bringt sich ein.
  • In jedem Unternehmen, in jeder Mitarbeiterin, in jedem Mitarbeiter schlummern meist noch nicht geweckte Potentiale, die nur warten zur Entfaltung zu kommen. Wenn es Führungsteams und ihren Mitarbeitern gelänge, auf eine andere Art und Weise in Beziehung zu treten, könnten Teams über sich hinauswachsen.
  • Die alte Kultur der Ressourcenausnutzung kann durch eine innovative Kultur der Potentialentfaltung ersetzt werden. Es braucht eine grundlegende Veränderung unserer bisherigen Haltungen, Überzeugungen und inneren Vorstellungen – unseres „ mindset“. Wie kann das gelingen? Mit neuen stärkenden Erfahrungen. Mit Begeisterung …

Gerd Altmann / pixelio.de

Professor Gerald Hüther sucht nach dem Geheimnis des Gelingens. Er möchte herausfinden, was Menschen brauchen, um die in ihnen angelegten Potentiale zu entfalten, um gemeinsam über sich hinauswachsen zu können. Das nennt er „Applied Neuroscience“ (angewandte Neurobiologie). Er ist Präsident des wissenschaftlichen Beirats der Sinn-Stiftung und hat die aktuelle Initiative „Kulturwandel in Unternehmen und Organisationen“ initiiert. Unternehmen werden bei der Einführung einer auf Potentialentfaltung ausgerichteten Unternehmens- und Führungskultur unterstützt. Hüther lädt ein, ermutigende und inspirierende Erfahrungen mit anderen Unternehmen und Führungskräften zu teilen und sie damit zu inspirieren.

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Hilfe!

Und wieder eine Anregung zum Nachdenken, inspiriert von Seth Godin’s Blog Emergency room doctors.  Gibt es in den Unternehmen zu viele Notfall-Mediziner? Wenn nur Erste Hilfe-Aktionen belohnt werden, dann braucht man sich nicht zu wundern, dass so wenig Aufmerksamkeit grundsätzlichen Strategien und alternativen Prozessen geschenkt wird, die vielleicht dieses ganze hektische Treiben und Hetzen unnötig machen würden.

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Kann man das Ergebnis künstlerischer Interventionen messen?

Das kommt mir bekannt vor. Das gleiche Legitimationsproblem haben Trainings und Beratungen. Wie messen Sie den Erfolg eines dreitägigen Führungskräftetrainings? Das Bedürfnis den Nutzen von Investitionen in Personal- und Organisationsentwicklung quantitativ zu messen, gibt es seit langem. Auch bei den Berichten über Projekte mit KünstlerInnen finden sich Angaben wie zb 20% Steigerung des Umsatzes, oder 30 % Reduktion der Fluktuation. Nachdem die meisten Change-Projekte über einen längeren Zeitraum laufen und gleichzeitig andere Maßnahmen im Unternehmen den Erfolg beeinflussen, stehe ich solchen Angaben eher skeptisch gegenüber. Viel mehr überzeugen mich die positiven Schilderungen von Menschen, die künstlerische Interventionen selbst erlebt haben. Daraus geht hervor, dass sie

–         Selbstvertrauen und Freude an der Arbeit gewonnen haben
–         mit anderen offener und positiver gestimmt zusammenarbeiten
–         durch Experimente neues Wissen in einer neuen Art entwickeln konnten
–         verborgene Fähigkeiten in sich entdeckten
–         Mut gefunden haben Neues auszuprobieren woran sie bisher überhaupt nicht dachten
–         von anderen nun als eine vielseitige Persönlichkeit gesehen werden

Die Wirkung spiegelt sich also in einer persönlichen Entwicklung und der Mitarbeiterzufriedenheit. In den Erzählungen wird immer wieder von einem Energieschub berichtet, der sich positiv auf Teamarbeit, auf die gesamte Unternehmenskultur und damit auch auf die Ziele der Organisation auswirkte. Die direkte und erfrischende Herangehensweise der KünstlerInnen an die Situationen, ihre Offenheit und so ganz  andere Art der Kommunikation sprachen alle Sinne an und halfen, die Trägheit eingespielter Routinen zu überwinden.

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