Warum die Robert Bosch GmbH die 12. Etage des Forschungsgebäudes zum Experimentierraum erklärte
Das Zentrum für
Forschung und Vorausentwicklung der Robert Bosch GmbH wurde 2015 errichtet. Rund
1700 MitarbeiterInnen arbeiten am Standort Renningen, etwa eine Stunde von
Stuttgart entfernt daran, „Antworten auf die Fragen von übermorgen zu finden“.
Da gibt es Labors und Kommunikationsbereiche, ein Smart Life Lab, das Robotik Forschungslabor, ein Erprobungsgelände für Automobilsysteme und und und … hier ein Einblick
In welchen Umgebungen finden kreative Prozesse im 21. Jahrhundert statt?
Das aus unserem Blickwinkel interessanteste Stockwerk ist das oberste, in dem sich der Experimentierraum „Platform 12“ befindet. Die Platform 12 ist eine Kooperation der Robert Bosch GmbH, der Akademie Schloss Solitude und des Künstlerduos Wimmelforschung.*) Auf rund 1000 m2 können die MitarbeiterInnen zehn Prozent ihrer Arbeitszeit als sogenannte „Concept Time“ frei verbringen. Sie tauschen sich hier mit KollegInnen aus anderen Abteilungen aus um Synergien zu finden und nutzen die Ausstattung des Raumes für eigene Projekte.
Welche Fragen stellen sich Forscher hinsichtlich der Zukunft? Und: Welche Fragen stellen sich Künstler?
Das Konzept der Platform 12 wurde von den Wimmelforschern Maren Geers (Darstellende Künstlerin) und Thomas Drescher (Bühnenbildner) und der Innovationsmanagerin von Bosch, Birgit Thoben, entwickelt.
Neben der Raumgestaltung und künstlerischen – auch provozierenden – Ausstattungselementen ist die ständige Anwesenheit des „künstlerischen Agenten“ entscheidend. Die Auswahl der Künstler erfolgt über die Ausschreibung eines Stipendiums der Akademie Solitude. Der Künstler, die Künstlerin beobachtet, irritiert, gibt Impulse, interagiert, öffnet das Denken. Ein künstlerischer Störfaktor, der indirekt einen Mehrwert für den Konzern generiert?
Bosch ist ein sehr alter, eher traditioneller Weltkonzern. Klassisches Ingenieursdenken führt zu erwartbaren Innovationen. Wie kommt man auf wirklich völlig Neues? Welches Maß an Chaos und Offenheit ist nötig?
„Emotional geht man in diesen Raum, wenn man nicht weiß was man sucht. Dort wo man Ideen kreieren kann oder auf der Suche nach etwas Neuem, das man weder kennt noch weiß wie es sich entwickelt.“ Birgit Thoben
Der Nutzen für die Forscherinnen und Forscher liegt darin, dass sie durch diesen Freiraum die Möglichkeit haben, in eine andere Welt jenseits der gewohnten Ordnung und Routine einzutauchen. Freiheit, Weitblick, Nonlinearität, Grenzen überschreiten, ständige Veränderung prägen den Raum.
„Ich glaube auch, dass die Bereiche der Wirtschaft und Kunst trotz ihrer oft gegensätzlichen Ansätze sehr viel voneinander lernen können. Hierin liegt viel Potenzial für unsere Zukunft.“
Maren Geers
Zusätzliche Informationen
Auf der Seite von Schloss Solitude finden Sie ein spannendes Interview von Sophie-Charlotte Thieroff, der Koordinatorin des Projekts the art, science & business program an der Akademie Schloss Solitude, mit den Künstlern und der Innovationsmanagerin. Sie schildern den Raum als wandelbar. Er soll sich verändern und helfen, die gewohnten linearen und berechenbaren Strukturen über Bord zu werfen. Sie diskutieren auch, wie es gelingen kann, die Idee und Philosophie dieses Raumes für die Zukunft zu erhalten. Gewohnte Regeln und Überzeugungen zu verlassen, Grenzen auszuloten und zu überschreiten ist nicht selbstverständlich und braucht ständige Auseinandersetzung und Dialog.
Hier finden Sie das Interview in englisch, die deutsche Version am Ende des englischen Textes als pdf.
Aus der Perspektive der beiden Künstler können Sie über das Projekt im Buch „Wirtschaft trifft Kunst“, herausgegeben von Ulrike Lehmann, im Teil VI – Aussicht: Projekte von Kunst in Unternehmen lesen. Ein Buch, das auch auf meiner Besprechungsliste steht. Einen Auszug unter dem Titel „Ein Eingriff ins Gesamtsystem“ finden Sie auf der Seite der Initiative Kultur- & Kreativwirtschaft.
*) Über das Künstlerische Unternehmen
Wimmelforschung (seit 2018 „Break’n Border) gibt es demnächst einen eigenen
Blogbeitrag.
Das Palais Strozzi in der Lerchenfelderstraße kenne ich noch aus der Zeit als mein Finanzamt dort residierte. Nun ist das Palais Sitz des Forschungszentrums des Instituts für Höhere Studien und des Complexity Science Hub Vienna. Das CSH erforscht anhand der heute verfügbaren großen Zahlen komplexe Zusammenhänge (Where big data starts to make sense).
This place cries for art
Erstaunlich wie sich die Atmosphäre des Gebäudes und der Räume verändert, wenn nun Wissenschaftler dort arbeiten. Die noch dazu die Kunst und damit KünstlerInnen und Künstler hereingeholt haben. Zitat CSH Vienna: „When we first saw the big, white walls of Palais Strozzi we knew: This place cries for art.“
Seither gibt es einige Male im Jahr im „Art at the Hub“ Ausstellungen von Künstlern mit besonderem Bezug zur Wissenschaft. Dafür engagiert sich Laura Stöger!
Auch bei Studien des CSH geht es immer wieder um Kunst, z.B. beim Projekt „Hot streak“, in dem tausende CVs von Künstlern und Wissenschaftlern analysiert wurden um Erkenntnisse über besonders erfolgreiche Lebensphasen zu ermitteln.
Wendelin Pressl und das Universum
Also der ideale Ort für die Ausstellung einer Reihe von Werken des Künstlers Wendelin Pressl zum Geheimnis des unendlichen Universums. Die Arbeiten sind in den letzten Jahren entstanden, einige wurden bereits gezeigt. In dieser geballten Dichte auf einer Etage hinterlassen sie einen ganz besonderen Eindruck.
Wendelin Pressl ist ein vielfältiger Künstler: Fotografie, Malerei, Zeichnung, Installation, Aktion – am besten nennt man es wahrscheinlich Objektkunst. Die ausgestellten Objekte zeigen aber auch eine klare Linie. Wendelin erspürt ein Phänomen, analysiert es, zerlegt es in seine Bestandteile und setzt es neu zusammen. Das meint er wahrscheinlich, wenn er seine Arbeit als „Basteln“ beschreibt!
Ist die künstlerische Arbeit nur ein
ironischer Kommentar auf die ernsthafte wissenschaftliche Forschung, auf die
exakte Mathematik? Gerade die Erforschung des Universums basiert auf großer
Unwissenheit.
Ein schönes Beispiel dafür sind die Bilder, die das Weltraumteleskop Hubble in den Weiten des Weltalls von tausenden von Galaxien aufnimmt. Bilder davon findet man auf Wikipedia. Die Kuratorin Manuella Ammer schrieb „Es ist ein hilfloser und zugleich faszinierender Versuch, dem expandierenden Weltall mit Hilfe von herkömmlichen Techniken der Abbildung und Vermessung beikommen zu wollen.“ Pressl legt in seinem Acrylbild „Hubble ultra Deep Field“ ein regelmäßiges Raster aus feinen Linien über einen fiktiven Ausschnitt des Universums, und weckt beim Betrachter die Illusion von Wahrheit.
Denn unsere Erwartungshaltung an die Wissenschaft ist Fakten/Wissen/Wahrheit zu produzieren. Wendelin Pressl konterkariert diese Erwartungshaltung, die Grenzen zwischen wahr und falsch werden spielerisch ausgelotet. „Humor dient Pressl als Trägermedium: mit feinem Augenzwinkern gibt er BetrachterInnen die Chance, lustvoll hintergründige Ironie zu erkennen.“ schreibt Petra Sieder-Grabner in den ARTFaces zu Wendelin Pressl. Pressl baut auch scheinwissenschaftliche Messgeräte – wie die Weltanschauungsapparatur, den Analyser, den Planetomat – denen man zwar auf den ersten Blick misstraut. Trotzdem ist die Neugierde so groß, dass man der Versuchung nicht widerstehen kann!
Die Ausstellung muss man also nicht nur „sehen“, sondern „selbst erfahren“ – das ist Teil des Konzepts von Wendelin Pressl. Bis 30. April ist das noch möglich!
PS: Im Verlauf der Vernissage gab es ein spannendes Gespräch zwischen dem Künstler Wendelin Pressl und dem Komplexitätsforscher Leonhard Horstmeyer, ausgezeichnet moderiert von Elisabeth J. Nöstlinger, Ö1 Wissenschaftsredaktion. Wie nah und auf Augenhöhe sich da Wissenschaft und Kunst waren!
Leider habe ich nicht mitgeschrieben und es gibt auch keine Aufzeichnung davon. Sehr schade. Es wurde auch gesungen – auch nicht dokumentiert! Aber ich habe auf Youtube den singenden Wendelin gefunden, im Duett mit dem Künstler Klaus Ludwig Kerstinger – sehr schön und außerdem sehr passend weil es schaut ja grad nach Frühling aus!
Zum ersten Mal gab es heuer auf der wichtigsten internationalen Fachkonferenz zu diesem Thema, der Art of Management Conference in Kopenhagen, Dänemark, einen ganzen Stream zum Thema „Dance, Choreography and Organisation“. Brigitte Biehl-Missal (University of Essex; BSP Business School Berlin Potsdam) und Claus Springborg (Cranfield University und freiberuflicher Berater) haben zu dieser Serie eingeladen und konnten rund 12 Vortragende begrüßen und bis zu 40 Teilnehmer in den einzelnen Workshops.
Brigitte Biehl-Missal hat im Blogbeitrag „Führen und Folgen: Was Manager vom Tanz lernen können I“ bereits einen ersten Einblick in das Programm der Konferenz und dieses Streams geboten. Nun erfahren wir mehr über die einzelnen Veranstaltungen.
„Offensichtlich sind „Führen“ und „Folgen“ nicht nur abstrakte Konzepte des Managementalltags, sondern haben ursprünglich etwas mit Bewegung zu tun und sind auch in Tanzformen zu finden. Diese Frage nach einem quasi verkörperten Verständnis von Führung, die die Organisation von Menschen im Zeit und Raum betrifft (so lässt sich übrigens auch der Begriff Choreographie definieren) ist relativ neu in der Managementforschung.
Nach unserer Einführung, die im ersten Blogbeitrag nachzulesen ist, sprach Fahri Akdemir (Viadrina Universität Frankfurt Oder) darüber, welche Führungsstrategien Choreographen anwenden, um Tänzer vor einem Auftritt in ein funktionierendes Team zu verwandeln. Es gibt Strategien, die zwar gut für die Performance sind, aber die Motivation senken können, etwa wenn Tänzer nur als „pack“ in der Gruppe performen dürfen und nicht als Individuum ihr Bestes geben können – genau wie in einer Organisation.
Sophie Bennett (Aberystwyth University) übertrug in ihrem Beitrag den Zirkus als Modell auf die zeitgenössische Organisation. Es geht um Kreativität, Zusammenspiel und den so genannten Flow (Theorie von Csikszentmihalyi), der Höchstleistung ermöglicht und viel mit dem Körper und Bewegung zu tun hat.
Lasse Lychnell (Stockholm School of Economics) leitete mit einer Übung zu Contact Improvisation ein: Die Teilnehmer mussten in der Bewegung immer mindestens einen Kontaktpunkt behalten, sei es ein Finger, Ellenbogen oder ein anderer. Hier zeigte sich, dass schon diese Organisation von Moment zu Moment stattfindet, und nicht nur kopfbasiert ist, sondern auf Impulsen und Reaktionen beruht. So geschieht effiziente Führung auch oft in anderen Kontexten.
Nina Bozic (Coach for Entrepreneurship and Innovation, Stockholm) untersuchte Tanz als Forschungsmethode und wie sie Innovation in Organisationen unterstützen kann. Wendelin Küpers’ (Karlshochschule Karlsruhe) betonte ebenfalls die relationalen, also zwischenmenschlichen Aspekte von Führung, die jeden Moment in der Interaktion neu verhandelt werden.
Anna-Mi Frederiksson (Tänzerin und Choreographin, Stockholm) erklärte ihre Tanz-Performance „The Economic Body“ , die am Vorabend im Auditorium der Business School aufgeführt wurde. Sie stellte die Frage nach den sozialen Strukturen, die Menschen und ihre Interaktion quasi „choreographieren“ und überlegte, wie Menschen auf Organisationsdruck und verschiedenste Zusammenhänge reagieren und wie sich das in der Bewegung zeigt – und andersherum.
Bei Sue Shaw und Andrew Rowe (Manchester Metropolitan University) ging es um den Rhythmus der Erfahrung von Frauen, die von Firmen ins Ausland entsendet werden. Hier zeigt sich, dass der Arbeitsalltag körperlich empfunden wird, er ist rhythmisch oder dissonant, verzerrt oder zu schnell. Leistung und Arbeit sind also stark beeinflusst von Biorhythmus und dem persönlichen Empfinden im sozialen Kontext.
Fides Matzdorf und Ramen Sen (Sheffield Hallam University) leiteten uns zu einigen Figuren und Techniken des klassischen Turniertanzes an. Es wurde klar, dass Tanz eine Art Konversation in Raum und Zeit ist, mit eigener Grammatik, wie eine Sprache und ein sehr diszipliniertes Ausdrucksmedium. Der „Leader“ managed beim Paartanz die Routine, wie die Bewegung durch den Raum (Ausweichen, Überblick) und der „Follower“ ist verantwortlich für „the look“, dafür, dass es gut aussieht. Beiden ist daran gelegen, den anderen und das Team gut darzustellen. Es geht dabei nicht nur um Schrittfolgen, sondern um nonverbale Abstimmung, um die sofortige Reaktion auf Bewegungen und Richtungsänderungen. Auf dem Foto sehen wir Fides und Ramen bei der Bewegung sowie mich und Claus (links) nicht nur als Wissenschaftler und Stream-Koordinatoren, sondern ungewöhnlich zusammen als Tanz-Paar beim Versuch, die Theorie praktisch nachzuspielen.
Claus Springborg und Ian Sutherland teilten ihre Erfahrungen beim Einsatz von Tanzworkshops im Hochschulkontext. Kaum zu glauben: Teilnehmer eines MBA-Kurses waren nicht mal in der Lage, einem Chor aus Testpersonen ein überzeugendes Signal aus Gesten und Körperhaltung zum Einsatz zu liefern. Wie kann man nur mit so wenig körperlicher Ausdrucksstärke Mitarbeiter in Unternehmen zu etwas „bewegen“ wollen? Diese Episode unterstrich, wie notwendig solche kunstbasierten Interventionen wären.
In meinem abschließenden Vortrag „Gender, Movement and Organisational Leadership“ habe ich über den Zusammenhang von Bewegung und Gender gesprochen, der auch für die Wahrnehmung von Führungspersonen entscheidend ist. Nicht umsonst heißt ein soziologischer Klassiker in diesem Bereich „Throwing like a girl“ (Iris Marion Young, 1990). Wer keine Energie und Kraft in der Bewegung vermittelt, wird schnell mit Diminutiven bedacht und auch so wahrgenommen. Ich habe ein Beispiel aus dem klassischen Ballett diskutiert, wo Weiblichkeit über Kostüme und den vom Mann getragenen Pas-de-deux entsteht, sowie über modernen Tanz (Trisha Brown) gesprochen, der andere, selbstbestimmte Bewegungen zeigt. So müssen auch Frauen und Männer darüber nachdenken, dass der eigene körperliche Ausdruck stark dazu beiträgt, wie frau und man wahrgenommen werden.
Fazit: Mit dem ersten Zusammenkommen einer Gruppe von Wissenschaftlern zum Thema Tanz, Bewegung und Management auf dieser Fachkonferenz konnten wir ein neues Forschungsfeld definieren. Wir haben verschiedene Aspekte thematisiert, von dem eher theoretischen Ansatz von Tanz als Metapher über Tanz als Forschungsmethode zur Datensammlung bis hin zu Tanz als ästhetische Praxis, die unser Verständnis von Führung um viele körperbasierte und zwischenmenschliche Dimensionen erweitert. Die Praxis entwickelt sich parallel mit den Beraterinnen und Beratern, die Tanz und Bewegung zur Personal- und Organisationsentwicklung nutzen.“
Die “8th Art of Management and Organization Conference” wird 2016 an der IEDC Business School Bled, Slovenia stattfinden.
Auch Antje Hinz meint auf ihrem Medienportal MassivKreativ! dass Unternehmer von Tänzern lernen können und verweist auf die beiden Berichte I und II in unserem Blog. Interessant finde ich die Verbindung zwischen den Fragen zum Tanz und den Fragen an den Unternehmer in seiner Rolle als Chef. Hier einige Beispiele:
Fragen an die Tänzer:
Welche Vorgaben werden auf dem Parkett gemacht? Wie führt ein Tänzer und in welcher Weise kann der andere Partner folgen? Wieviel Freiraum lässt man sich gegenseitig? Auf welche Art des Tanzens bzw. auf welchen Stil hat man sich zuvor geeinigt? Will man sich lieber klassisch routiniert in traditionellen Bewegungs- und Rollenmustern präsentieren oder neue experimentelle, ungewöhnliche Wege wagen? Welche Ausstrahlung hat das Paar auf dem Parkett?
Fragen an den Unternehmer:
Haben Sie Ihre Rolle als Chef fest definiert? Welches Selbstbild und welchen Führungsstil tragen Sie nach außen? Sehen Sie sich als Solo-Performer oder als Paartänzer bzw. Team-Player? Welchen Part gestehen Sie anderen zu? Lassen Sie auch „Kapriolen“ oder „Pirouetten“ zu? Welche Rolle spielt das Publikum? Hat es Einfluss darauf, wie sicher Sie sich bewegen? Wie wirken sich Umgebung, Raum und Zeit auf Ihre Präsentation aus?
In einer Künstlerischen Intervention können Unternehmen zum Beispiel mit einer Tänzerin, einem Tänzer arbeiten. Antje Hinz motiviert dazu: „Finden Sie in einem Bewegungsworkshop heraus, in welcher Rolle Sie oder Ihre Mitarbeiter sich wohl fühlen! In welchen Situationen wirken Sie entspannt und authentisch? Erleben Sie hautnah, warum Sie mit der einen oder anderen Entscheidung Bauchschmerzen hatten. Finden Sie heraus, wieviel Wissen, Technik und Handwerk für Sie wichtig ist und wieviel Intuition. Wieviel Spontaneität und Improvisation ertragen Sie und Ihre Mitarbeiter? Was könnte Sie zusätzlich inspirieren und motivieren?“
Brigitte Biehl-Missal (University of Essex; BSP Business School Berlin Potsdam) hat gemeinsam mit Claus Springborg (Cranfield University und freiberuflicher Berater) Ende August in Kopenhagen bei der Konferenz „Art of Management and Organisation“ einen der thematischen Streams konzipiert und geleitet: „Dance, Choreography and Organisation“. Sie schildert aus ihrer persönlichen Perspektive in zwei Beiträgen die Erfahrungen der drei Tage und wie dies die Forschung und Praxis voranbringt.
„Die Art of Management and Organisation Conference begrüßt alle zwei Jahre an verschiedenen Orten Wissenschaftler und Praktiker, die Kunst und Management zusammenbringen. Im September 2014 tagten wir in der Copenhagen Business School – ein erstklassiger Ort, da hier einst das erste universitäre „Center for Art and Leadership“ gegründet wurde. Hier finden Sie das detaillierte Programm
Diese Konferenz gibt es seit etwa 12 Jahren und sie hat das innovative Forschungsfeld „Kunst und Wirtschaft“ sowohl gefestigt als auch verbreitert. Was wir in der letzten Dekade erlebt haben war zunächst eine theoretische Ausarbeitung dieses Feldes, das sich beispielsweise an Kunst-Metaphern orientiert hat, um einen neuen Blick auf die Welt des Managements zu erschließen. Etwa hat uns die Analogie von „Unternehmen als Theater“ gezeigt, dass Menschen ihre Rollen auch in Firmen spielen, vor Kollegen, Kunden und den Vorgesetzen, dass Dienstleistungen und Erlebnisse zunächst inszeniert und dann verkauft werden. Unternehmen wurden als Orchester betrachtet und als Jazzbands, bei denen improvisiert und zusammengespielt werden muss.
2014 wurde Creativity and Design als Schwerpunkt gewählt. Damit standen Erfahrungen mit Kunstbasierten Initiativen für Innovation, Kreativität in Gruppen, Kunst in der Managementausbildung, Ästhetik in der Arbeitswelt, Kunst als Prozess sowie Tanz, Choreographie und Organisationen am Programm.
Als Auftakt zu Konferenzbeginn waren die TeilnehmerInnen zum Beispiel selbst Teil einer kunstbasierten Erfahrung. Die finnische Künstlerin Krista Petäjäjärvi verband die mehr als 100 Menschen mit einem Band, das sie dann in die Hand nahmen und sich im Netzwerk gemeinsam bewegten, ohne das Band zu zerreißen.
Vom Unternehmen als Jazzband ist es kein weiter Weg zur Tanz-Metapher, die wir in unserem Stream untersucht haben. Zur Relevanz des Themas ist zu sagen, dass sich diese Managementforschung zunehmend auf die „Ästhetik“, also die sinnliche Wahrnehmung von Organisationen konzentriert hat, um zu erklären, welche schwer fassbaren Faktoren Mitarbeiter und Organisationsmitglieder beeinflussen, motivieren und antreiben.
In diesem Kontext deckten die Teilnehmer unseres Streams zu „Dance, Movement and Organisation“ verschiedene Themen ab. Statt einer Aneinanderreihung von Vorträgen haben wir in jedem Block mit praktischen Bewegungsübungen begonnen, die zum Thema passten und dem Gesagten über die persönliche Erfahrung noch eine ästhetische Dimension hinzufügten. Durch die Übungen zu Contact Improvisation, gender-spezifischer Bewegung und Improvisation lernten wir uns auch besser kennen und hatten Spaß an Theorie und Praxis.
Was wir und die Konferenz-TeilnehmerInnen in den verschiedenen Workshops erlebt und erfahren haben, beschreibe ich im 2. Teil dieses Blog-Beitrags.“
Auch Antje Hinz meint auf ihrem Medienportal MassivKreativ! dass Unternehmer von Tänzern lernen können und verweist auf die beiden Berichte I und II in unserem Blog. Interessant finde ich die Verbindung zwischen den Fragen zum Tanz und den Fragen an den Unternehmer in seiner Rolle als Chef. Hier einige Beispiele:
Fragen an die Tänzer:
Welche Vorgaben werden auf dem Parkett gemacht? Wie führt ein Tänzer und in welcher Weise kann der andere Partner folgen? Wieviel Freiraum lässt man sich gegenseitig? Auf welche Art des Tanzens bzw. auf welchen Stil hat man sich zuvor geeinigt? Will man sich lieber klassisch routiniert in traditionellen Bewegungs- und Rollenmustern präsentieren oder neue experimentelle, ungewöhnliche Wege wagen? Welche Ausstrahlung hat das Paar auf dem Parkett?
Fragen an den Unternehmer:
Haben Sie Ihre Rolle als Chef fest definiert? Welches Selbstbild und welchen Führungsstil tragen Sie nach außen? Sehen Sie sich als Solo-Performer oder als Paartänzer bzw. Team-Player? Welchen Part gestehen Sie anderen zu? Lassen Sie auch „Kapriolen“ oder „Pirouetten“ zu? Welche Rolle spielt das Publikum? Hat es Einfluss darauf, wie sicher Sie sich bewegen? Wie wirken sich Umgebung, Raum und Zeit auf Ihre Präsentation aus?
In einer Künstlerischen Intervention können Unternehmen zum Beispiel mit einer Tänzerin, einem Tänzer arbeiten. Antje Hinz motiviert dazu: „Finden Sie in einem Bewegungsworkshop heraus, in welcher Rolle Sie oder Ihre Mitarbeiter sich wohl fühlen! In welchen Situationen wirken Sie entspannt und authentisch? Erleben Sie hautnah, warum Sie mit der einen oder anderen Entscheidung Bauchschmerzen hatten. Finden Sie heraus, wieviel Wissen, Technik und Handwerk für Sie wichtig ist und wieviel Intuition. Wieviel Spontaneität und Improvisation ertragen Sie und Ihre Mitarbeiter? Was könnte Sie zusätzlich inspirieren und motivieren?“
„Künstlerische Irritationen in Unternehmen“ ist der Titel einer Publikation von Susanne Fenkart in der Zeitschrift momentum Vol. 3, No 2., nachzulesen unter
– Die gute Auswahl der drei Praxisbeispiele, die eine breite Palette von möglichen Kunst-Interventionen beschreiben. Einerseits zeigt Susanne Fenkart die Gemeinsamkeiten auf, gleichzeitig erstaunt gerade die völlig unterschiedliche Herangehensweise der KünstlerInnen und die Reaktion von Management und MitarbeiterInnen.
– Die Autorin stellt höchst spannende Fragen am Ende jeder Fallstudie, die dazu einladen, gleich selbst zu überlegen, wie man sich in einer solchen Situation verhalten würde.
– Die durchgängige Betrachtung des Themas Kunst und Organisationsentwicklung entsprechend den Prinzipien des Systemischen Management. Sie schreibt zum Beispiel, dass systemtheoretisch betrachtet Fortschritt durch Interventionen und Irritationen aus der Umwelt ausgelöst wird. Das sind die wesentlichen Elemente für Veränderungsprozesse und Weiterentwicklung in sozialen Systemen. Durch Irritation wird ein System gestört, auf etwas aufmerksam gemacht, angeregt. Die Kunst irritiert dadurch, dass sie nicht festlegt, wie sie die Realität beobachtet – kritisch, idealisierend, ironisch – ohne das Ziel gleich mit anzugeben. Kunst zeigt auf, dass mehr Kombinationen möglich sind als angenommen, dass alles auch anders gemacht werden könnte.
Damit erhöht sich die Chance, dass gewohnte Verhaltensweisen verändert werden, und zwar vom System selbst. Allerdings ist Widerstand unvermeidlich, denn die Systeme wehren sich zunächst gegen die Angriffe von außen. Fenkart zitiert den führenden systemischen Organisationsberater Fritz B. Simon (aus seinem Beitrag „Künstlerische Interventionen im wirtschaftlichen Kontext“ im Buch Oeconomenta):
„ Die Art des Wirksamwerdens, ohne dass die Wirkung vorhersehbar ist, wird als Irritation bezeichnet, das heißt, das Geschubstwerden wirkt auf das so behandelte System als „Störung“ oder „Anregung“ , auf die es seiner internen Strukturen gemäß reagiert. Auf diese Weise ist es in der Lage, aus Erfahrungen zu lernen und Strukturen wie Verhaltensschemata zu verändern.“
Susanne Fenkart
Bereits 2011 sind mir die Arbeiten von Susanne Fenkart aufgefallen, als ich im Internet die Kurzbeschreibung ihrer Studie „Zum Verhältnis von Kunst und Wirtschaft“ fand. Seither sind wir in ständigem Mailkontakt, heuer im Mai haben wir uns dann endlich persönlich kennen gelernt. Neben dem Team um Ariane Berthoin Antal vom WZB Wissenschaftszentrum Berlin und unserem Team vom Institut für Kunst und Wirtschaft in Wien ist Susanne Fenkart eine der wenigen, die sich wissenschaftlich mit dem Thema Kunst und Wirtschaft beschäftigen. Deshalb schätzen wir den Austausch mit ihr ganz besonders.
Susanne Fenkart schloss 2013 ein Diplomstudium der Kunstgeschichte und gleichzeitig ihr Doktoratsstudium der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an der Universität Innsbruck ab. Für ihre Dissertation „Zum Verhältnis von Wirtschaft und Kunst“ führte sie 28 narrative Interviews mit Unternehmensvertretern und Bildenden Künstlern in Österreich, Deutschland, Italien und Liechtenstein. Die Arbeit wird im Herbst im Kulturverlag Kadmos erscheinen und ich werde natürlich das Buch hier im Blog besprechen. Anlässlich des Welttags der Wissenschaft am 10.11.2014 wird Frau Fenkart den Wissenschaftspreis des Landes Vorarlberg – Spezialpreis zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses – im Landhaus Bregenz überreicht bekommen. Wir gratulieren!
Nun aber zu ihrer gerade erschienenen Arbeit „Künstlerische Irritation in Unternehmen“. Fenkart spannt den Bogen von der Kunst die immer schon gesellschaftliche Entwicklungen und Probleme thematisiert hat über die Wirkung von Irritation auf den Fortschritt bis zu den Einsatzmöglichkeiten und der Wirkung künstlerischer Irritationen in Unternehmen.
Anhand von drei Beispielen zeigt sie dann die Vielfalt der Wirkungen auf. Eines dieser Praxisbeispiele, das Projekt „8 x 5 x 363 + 1“ der Künstlerin Raphaelle De Groots, kannte ich noch nicht und fand die Beschreibung so spannend, dass ich Frau Fenkart eingeladen habe, darüber einen Beitrag für diesen Blog zu schreiben. Sie werden die Geschichte über die Tuchfabrik Cittadellarte in Biella, Italien, also demnächst hier lesen können. Es geht um den Arbeitsalltag der MitarbeiterInnen, die durch punktuelle Handlungen der Künstlerin angeregt wurden, die eigene Arbeit zu reflektieren – eine sanfte Irritation der bestehenden Ordnung.
Die beiden anderen Beispiele können Sie sowohl in der Arbeit von Susanne Fenkart als auch in diesem Blog lesen – aus zwei Perspektiven, die einander ergänzen.
Da ist zunächst das umfassende unternehmerische Kunstengagement einer führenden Unternehmensberatung, der Droege Group in Düsseldorf, das seit rund 20 Jahren ein integraler Bestandteil der Unternehmensphilosophie ist. Im Kunstkonzept von Droege wird davon ausgegangen, dass der Umgang mit Kunst zum Sehen anstiftet und damit einen Bewusstwerdungs-Prozess unterstützt.
Das dritte Fallbeispiel, „The Trainee“, ist wohl die eindeutigste „Irritation“ eines Systems. Oder wie würden Sie reagieren, wenn eine neue Praktikanten, die anfangs den Erwartungen gemäß gearbeitet hat, nun ruhig an ihrem Schreibtisch sitzt und offensichtlich NICHTS tut? Und wenn Sie auf Ihre Nachfrage antworten würde: „Ich denke nach“? Deloitte präsentierte das Projekt in zahlreichen Museen international und u.a. in seiner Lounge am Helsinki Vantaaa Airport.
Hier also nochmals die Einladung die Beispiele nachzulesen und der Link zur Arbeit von Susanne Fenkart:
Vor kurzem war ich in Berlin, um mehr über die Hybrid Plattform zu erfahren, auf die ich durch Medienberichte aufmerksam wurde. Auf dem Weg von der U-Bahn zum Gesprächstermin ist mir die unmittelbare Nachbarschaft der beiden Gebäude der Technischen Universität und der Universität der Künste gleich aufgefallen. Offensichtlich trug diese Nähe dazu bei, 2011 eine gemeinsame Arbeitsplattform auf dem Campus Charlottenburg zu gründen. Inzwischen hat diese transdisziplinäre Kooperation weitere Partner aus Wissenschaft, Kunst, der Wirtschaft und der Kreativwirtschaft angezogen und mehr als 30 Projekte verwirklicht.
Die beiden Projektkoordinatorinnen Kathrin Engler (UdK) und Claudia Müller (TU) schilderten mir die dynamische Entwicklung der Hybrid Plattform. Der Verbund einer künstlerisch-gestalterischen Universität, einer technisch-naturwissenschaftlichen Universität und Wirtschaftsunternehmen verschiedener Branchen und Größen ist einzigartig. Ausschlaggebend für den Erfolg ist, dass die ExpertInnen der verschiedenen Disziplinen von Anfang an gemeinsam arbeiten und nicht wie normalerweise üblich hintereinander. Fachübergreifendes Denken müssen viele erst lernen, der Lohn sind neue Freiräume, die unkonventionelle Ideen und Lösungen ermöglichen.
Zu den Projekten gleich ein Beispiel: Gute Software zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass es Spaß macht, damit zu arbeiten. Intuitiv und nutzerfreundlich soll sie sein, ein Erfolgskriterium, das von Entwicklern noch kaum beachtet wird. Ziel des Projekts „UseTree“ ist es, die Wettbewerbsfähigkeit kleinerer und mittlerer Software-Unternehmen in der Region Berlin-Brandenburg durch „Usability“ zu stärken. Die Hybrid-Plattform hat die Projektpartner zusammengeführt und die Projektkommunikation übernommen.
Das Projekt „Landschaftschoreografie“ verknüpft Landschaftsgestaltung mit Choreographie. Durch Körper- und Improvisationstechniken, Beobachten und spielerisches Gestalten werden der umgebende Raum und damit verbundene emotionale Aspekte erfahren und reflektiert. Choreographische Methoden arbeiten mit Rhythmen, Sequenzen und Wiederholungen, spielen mit Perspektivwechsel zwischen Akteur, Performer und Zuschauer und hinterfragen darin fixierte Rollenverständnisse. Dieses Projekt entwickelte Alternativen zur üblichen Top-Down-Konfliktmoderation mit dem Ziel eines Interessenausgleichs in der Landschafts- und Raumgestaltung. Es sensibilisiert für landschaftliche Veränderungsprozesse und trägt zur Vielfalt der Akteure innerhalb urbaner Entwicklungen bei.
Im Video über die Hybrid Plattform werden weitere drei Projekte beschrieben. Gleich das erste ist besonders interessant.
[vimeo http://vimeo.com/84672819]
Woran können Informatiker, Musikwissenschaftler, Akustiker, Designer, Komponisten und Interpreten gemeinsam arbeiten? Dieses multidisziplinäre Team hat sich als Ziel gesetzt, neue elektronische Musikinstrumente für zeitgenössische Musik zu entwickeln, und zwar solche, die nicht nach den strengen Kriterien von Technikern gebaut werden, sondern den Künstlern und Musikern Entfaltungsmöglichkeiten und Spielraum bieten.
Der Musiker und Komponist Prof. Dr. Alberto de Campo bringt die Chance, die in diesem Projekt liegt auf den Punkt:
„Im besten Fall finden wir in diesem Suchprozess andere Dinge als die, nach denen wir ursprünglich gesucht haben.“
Wünscht sich das nicht jedes Unternehmen, das nach Innovationen, nach dem wirklich Neuen forscht?
Die Hybrid Plattform Berlin bietet einen einzigartigen Freiraum für Fragen, Ideen und Experimente, denn Freiraum ist essentiell für kreative Prozesse und zukunftsträchtige Innovationen. Das Ziel der Hybrid Plattform für die Zukunft: Die erste Adresse für Fragen sein, die andere nicht beantworten können!
Die erste Konferenz des europäischen Netzwerks von Organisationen im Bereich „Kunst und Wirtschaft“, die im März in Brüssel stattfand, war bestens vorbereitet. Die Profile und Aktivitäten aller Organisationen in diesem Bereich wurden recherchiert und ausgewertet, drei Forschungsprojekte in Auftrag gegeben und deren Ergebnisse präsentiert. Während bisher die Innovationspolitik der EU und auch in den Ländern auf technische und naturwissenschaftlich getriebene Innovationen setzte, hatten die 150 TeilnehmerInnen (Künstler, Manager, Wissenschaftler, Projektbegleiter, Berater und Vertreter des Europäischen Parlaments und der Generaldirektion der Europäischen Kommission) nun fundierte Unterlagen, die belegen, dass die Zusammenarbeit von Unternehmen und KünstlerInnen innovatives Denken und Handeln in ganz neuer Weise fördert.
Wie wichtig das gerade jetzt ist erklärte Keynote-Speaker Michael Hutter vom WZB, Wissenschaftszentrum Berlin, gleich zu Beginn. „Creative Economy“, ist wesentlich bedeutender als die „Creative Industries“, die nur eine – wenn auch wichtige – Nische der Gesamtwirtschaft sind. Es geht vielmehr um einen Paradigmenwechsel von der produktivitätsgetrieben Wirtschaft zu einer ganz neuen Art zu wirtschaften und zu konsumieren, einer „Kreativen Gesamtwirtschaft“ in der das NEUE das Normale ist. Sie wird von Chancen getrieben und nicht von Problemen, Ungewissheit ist nicht unvermeidbares Risiko des Scheiterns, sondern wird als Möglichkeit gesehen, etwas Unerwartetes, Überraschendes zu erreichen. Aber wie findet man das wirklich NEUE?
Mit traditionellen, rationalen Strategien erreicht man das Neue nicht, denn es folgt weder logisch noch schlüssig aus etwas Bestehendem. Das Neue beinhaltet immer ein Element der Überraschung, der Überwältigung, der Entdeckung, des glücklichen Zufalls. Deshalb sind Künstlerische Interventionen in der „Creative Economy“ so wichtig.
Den Bericht von Ariane Berthoin Antal können Sie im Blog „Cultural Sources of Newness“ nachlesen.
Der Slammer Sebastian23, der die Konferenz beobachtete, hat an Ort und Stelle ein Gedicht verfasst und performed.
Daraus nur ein Appetizer:
…..
Let’s serve creatively by interrupting work
And teaching everybody to do something new
I want bus drivers to paint their passengers
I want policemen to sing a search warrant
I want firemen to write a poem about smoking
in bed
I want artists to work
Let’s open up
Like eyes do in their youth
Like I just did with you
…..
Einen ausführlichen Bericht über die Konferenz und die Wirkung Künstlerischer Interventionen finden Sie auch im Blog von KEA.
Und noch eine kurze Information zu den Forschungsberichten und dazu die Links:
Berthoin Antal, Ariane & Strauß, Anke (2013): Artistic interventions in organisations: Finding evidence of values-added. Creative Clash Report. Berlin: WZB
(Nutzen künstlerischer Interventionen: Projektarten und -dauer, Wirkung, Voraussetzungen für den Erfolg) Link
Grzelec, Anna & Prata, Tiago (2013): Artists in organisations – mapping of European producers of artistic interventions in organisations, Goethenburg, Sweden: TILLT
(Organisationen in Europa, deren Ziele, Angebote, Kundenstruktur, Dienstleistungen für Kunden und Künstler) Link
Vondracek, Anna (2013): Support-schemes for artistic interventions in Europe – a mapping and policy recommendations. Creative Clash Report. Brüssel: KEA Affairs Link
Wie und warum wirken Künstlerische Interventionen? Die Wirkungsforschung zu der relativ neuen Methode der künstlerischen Intervention steckt noch in den Kinderschuhen. Schon deshalb, weil sie sich einer Systematik entzieht, denn es gibt keine „typische künstlerische Intervention“. Sie kann wenige Tage dauern, aber auch Monate oder sogar Jahre. Es können ein oder mehrere KünstlerInnen einbezogen sein und sie kommen aus allen möglichen Kunstsparten. Die Intervention basiert auf der besonderen Art der Künstler zu denken, mit Menschen zu arbeiten, Ideen zu entwickeln, mit Produkten und Räumen umzugehen. Oder im Laufe des Prozesses entsteht ein Kunstwerk, eine künstlerische Arbeit, meist gemeinsam mit den MitarbeiterInnen.
Auf der Seite des Unternehmens gibt es auch vielfältige Situationen: von der Anzahl der beteiligten MitarbeiterInnen bis zu den Zielen der Organisation, die meist eher weit gefasst sind, wie z.B. die Kreativität zu steigern, die Kommunikation zu verbessern, neue Produktideen zu entwickeln, die Innovationskraft zu stärken, die Identität zu klären usw. Wie bei jedem Beratungsprozess wird die Organisation gleichzeitig durch viele andere Entscheidungen, technologische und Marktentwicklungen beeinflusst. Daher kann eine monokausale Verbindung zwischen der künstlerischen Intervention und dem Erfolg des Unternehmens nicht hergestellt werden.
Ein Team von WissenschaftlerInnen, dem u.a. Ariane Berthoin Antal und KollegInnen am WZB, Wissenschaftszentrum Berlin, angehörten, hat für das „Creative Clash Project on artistic interventions in organisations“ trotz dieser Rahmenbedingungen aus den bis dato vorliegenden Veröffentlichungen einige typische Ergebnisse herausgefiltert, zum Beispiel:
Obwohl in den meisten Fällen die Mitarbeiter anfangs skeptisch sind, gelingt es den Künstlern immer, sie zu gewinnen. Auch wenn der Prozess manchmal durch schwierige Phasen der Irritation und Frustration geht, berichten die Menschen am Ende, dass sie eine sehr positive Erfahrung gewonnen haben.
Das gilt sowohl für die einzelnen Personen als auch Gruppen/Teams und die Organisationsebene. Dabei verstärkt sich die Wirkung wechselseitig, der Funke springt über!
Sowohl die Manager als auch die Mitarbeiter sagen, dass künstlerischer Interventionen vor allem das Innovationspotential stärken.
Bei Lern- und Changeprozessen wird an erster Stelle „Mehr und differenzierter sehen“ und „Der Kick zu neuer Aktivität“ genannt, gefolgt von „Kooperation“ (echter Zusammenarbeit statt nur gemeinsam zu arbeiten) und „Meine persönliche Entwicklung“.
Die Kraft der künstlerischen Intervention liegt darin, Möglichkeitsräume zu eröffnen, in denen mit neuen Formen des Sehens, Denkens und Handelns experimentiert werden kann.
Künstlerische Interventionen sind Ereignisse mit Anfang und Ende. Daher liegt es an den ManagerInnen und MitarbeiterInnen, den Nutzen für die Organisation und die Nachhaltigkeit der Wirkung zu sichern.
Der ausführliche Bericht wurde bei der Creative Clash Konferenz am 19.3.2013 in Brüssel veröffentlicht und steht für Interessenten zum Download bereit.
Creative Clash, die europäische Plattform für Künstlerische Interventionen in Organisationen lädt am 19. März ins Goethe Institut Brüssel, um die aktuelle „Landkarte“ der Intermediäre*) in Europa zu präsentieren. Seit kurzem sind auch wir, das Institut für Kunst und Wirtschaft, Mitglied dieser Expertenrunde.
Michael Hutter WZB
Ariane Berthoin Antal WZB
Das WZB (Wissenschaftszentrum Berlin), das im Rahmen der Abteilung „Kulturelle Quellen von Neuheit“ wesentliche Forschungsarbeiten über die Wirkung kunstbasierter Projekte in Unternehmen und Organisationen leistet, ist durch zwei Speaker vertreten: Prof. Michael Hutter spricht über „Artistic interventions and its relation to Creative Economy“ und Prof. Ariane Berthoin Antal über ihre Forschungsarbeit zu den Ergebnissen Künstlerischer Interventionen. Die Diskussionen werden sich auch um Förderungen und Unterstützung durch EU-Projekte drehen, da namhafte Vertreter des European Parliaments und der European Commission in den Panels vertreten sind. Wir werden über die Ergebnisse berichten. *) Intermediäre bilden eine Brücke zwischen Kunst und Wirtschaft, sie beraten Unternehmen und Künstler, die sich für diese Form der Zusammenarbeit interessieren und begleiten Projekte. Mehr dazu unter „Glossar“.
Die Autorin des Buches „Wirtschaftsästhetik. Wie Unternehmen die Kunst als Inspiration und Werkzeug nutzen“ und Professorin an der Business School Berlin Potsdam, Brigitte Biehl-Missal, lehrt nun auch an der Universität Hannover. Am Institut für Interdisziplinäre Arbeitswissenschaft studieren Berufstätige in einem Weiterbildungsstudiengang, der Arbeit und Menschen in den Mittelpunkt stellt. Im Lehrplan findet man aktuelle Titel wie Wertschätzende Dialoge, Humor als Burnout-Prävention, Organisationale Achtsamkeit bei Veränderungsprozessen – und so wundert es auch nicht, dass künstlerische Themen und Methoden wie Ästhetik und Kunst als Quelle für Inspiration, Teamentwicklung mit musikalischen Interventionen, Innovationsdramaturgie und die Macht der Metapher als Innovationsmethode vermittelt werden.
Brigitte Biehl-Missal hat uns von ihrem Seminar, das sie kürzlich gehalten hat, einen inspirierenden Bericht geschickt:
„Es ist ein seltenes Geschenk, dass wissenschaftliche Seminare illustriert werden. Umso mehr habe ich mich gefreut, dass Tanja Föhr, Teilnehmerin an meinem Seminar „Ästhetik und Kunst als Quelle für Inspiration in Unternehmen“ ihr Feedback in Form von Aquarellen ausgedrückt hat. Eine passendere Antwort hätte man für diesen Seminartitel wohl nicht finden können.
Die Innovationsmanagerin hat zunächst ein Zitat von Warren Buffet abgewandelt, der von sich behauptete: „I am not a business man, I am an artist“. Föhrs farbiges Aquarell illustriert dabei sehr treffend, wie viel Management doch mit unscharfen Grenzen und sich verändernden Formen zu tun hat. Nur Wasserfarben können diesen Eindruck vermitteln, da sie anders als die scharfen Linien anderer Farben ineinander übergehen und schlecht „kontrollierbar“ sind. Ebenso wenig wie die Führung von Menschen und geschäftliche Entscheidungen im 21. Jahrhundert.
Ein weiteres Bild verdeutlicht die beiden Seiten von Kunst mit zwei Figuren, die einen dicken Bauch haben. Einerseits geht es um Machtdemonstration wie beim Ex-Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer, der sich mit einem Kunstwerk dekoriert, welches in seiner Abstraktheit auch ihn als abstrakt denkend und innovativ präsentieren soll (meine Prezi-Folie im Hintergrund). Der andere Bauch visualisiert das „Bauchgefühl“, welches viele unternehmerische und individuelle Entscheidungen nicht zu Unrecht beeinflusst. In der Managementforschung ist der Begriff des impliziten Wissen besonders wichtig um zu erklären, wie Menschen sich in Organisationen verhalten. Man geht davon aus, dass dieses von der ästhetischen, also sinnlichen Wahrnehmung beeinflusst ist.
Hier schließt der Stuhlkreis an, bei dem knubbelige Männchen ihre steife Position aufgegeben haben, vielleicht weil sie wie wir im Seminar das Gedicht „The Road Not Taken“ des amerikanischen Pulitzerpreis-Trägers und Lyrikers Robert Frost gelesen haben. Berater bei Boston Consulting haben dies auch durchgeprobt. Die Lehren daraus? Ein Gedicht ist offen, fast unendlich interpretierbar, wird mit näherem Hinsehen und Hinhören noch komplexer und enthüllt weitere Bedeutungen. Genau dies muss eine Führungskraft auch wissen, die sich vom einfachen Entweder-/Oder-Denken verabschieden muss. Beim Gedicht geht es darum, dass an einer metaphorischen Weg-Gabelung eine Entscheidung getroffen werden muss. Der Poet schreibt nicht nur, sondern macht uns fühlen, dass damit ein wenig Einsamkeit und Angst einhergeht, weil es keinen Weg zurück gibt – wie im Leben und auch im Manageralltag, wenn es um Entlassungen und Risiken gehen mag. Schließlich wirft Föhr noch einen Blick auf die Metapher, dass Organisationen wie Jazz sind. Führung wechselt sich ab, es wird improvisiert und es ist Schwung drinnen! Ein Ideal des zeitgemäßen Managements, was aber in der Realität nicht immer hält. Das wirft auch die Frage auf: Wie würde Ihr Unternehmen klingen? Wer sich ein wenig mit dieser Frage beschäftigt, wird schnell auf Rhythmen, Melodien und auch Dissonanzen stoßen.“
Brigitte Biehl-Missal war im März v.J. Impulsreferentin bei unserem Diskussionsforum im Uhrenmuseum. Die Besprechung ihres Buches „Wirtschaftsästhetik“ lesen Sie im Bereich Literatur.
Und die Zeichnungen von Tanja Föhr finden Sie auch unter diesem Link
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