Im Gespräch mit KünstlerInnen: Karl M. Sibelius

Helga Stattler:
Herr Sibelius, gerade konnte man Sie in „Nijinskys Tagebuch“ auf der Bühne des Landestheaters Linz sehen. Sie sind Schauspieler, Sänger und Regisseur, Sie unterrichten in Salzburg am Mozarteum –  und nun absolvierten Sie ein Praktikum in der Hypo Oberösterreich. Wieso das?

Karl M. Sibelius

Karl M. Sibelius:
Ich studiere berufsbegleitend „Kulturmanagement“ an der Universität Zürich. Sechs der 28 Monate  Studienzeit lernen wir jeweils die „andere Welt“ kennen: die Künstler arbeiten in der Wirtschaft, die Betriebswirte im künstlerischen Bereich.

Helga Stattler:
Und wie ging es Ihnen da?

Karl M. Sibelius:
Ich war in der Marketing-Abteilung tätig, da ist der Unterschied zu einem Kulturbetrieb nicht so groß. Überraschend für mich war, wie kreativ die Kollegen sind, wie intensiv sie sich gegenseitig austauschen und um Rat fragen. Mit Begriffen wie Change Management oder Leitbild wird selbstverständlich umgegangen. Und es wird alles durchleuchtet, jede Kostenstelle, ganz radikal. Damit habe ich nicht gerechnet. Da könnte der Kulturbetrieb von der Wirtschaft viel lernen. Andererseits fällt mir in Unternehmen immer wieder auf, dass der Erfolg nur an Zahlen und erledigten Aufgaben gemessen wird, die menschlichen Leistungen zählen kaum. Auch in der Management-Literatur wird das beschrieben. Ich lese gerade ein Buch über Leadership und Bürokratie. Da bekommt man das Gefühl, dass sich die Leute nicht mit der Arbeit identifizieren. Das gibt es im Kulturbetrieb überhaupt nicht, hier könnte die Wirtschaft von der Kultur lernen. Wir könnten also gegenseitig sehr viel profitieren.

Helga Stattler:
Ihre Kollegen in der Bank sagen, ein Künstler bringe andere Blickwinkel ein, er habe einen anderen Zugang zu den Aufgaben, nehme die Dinge anders wahr. Haben Sie das auch so erlebt?

Karl M. Sibelius:
Ja, einige Male. Zum Beispiel merke ich, wenn Gespräche standardisiert ablaufen, in einem Frage-Antwort-Schema, das völlig unabhängig von der Person ist. Das muss doch demotivierend sein. Oder bei Bewerbungsgesprächen. Die laufen perfekt ab, aber so kommt man an die Persönlichkeit nicht heran, man kann nicht entdecken, ob der Kandidat wirklich der Beste ist. Mich interessiert, wie er in einer Extremsituation reagieren würde, wie er mit Irritationen umgeht. Als Künstler hört man gut zu und beobachtet genau. Man kann Themen ansprechen, die sonst tabu bleiben.

Helga Stattler:
Sie werden ab der kommenden Spielsaison Intendant am theater // an der rott im niederbayerischen Eggenfelden sein. Da können Sie diese Erfahrungen bald nutzen.

Karl M. Sibelius:
Bei mir war immer im Hinterkopf der Wunsch ein Theater zu leiten, ein Ermöglicher zu sein. Deshalb habe ich schon vor Jahren am Institut für Kulturkonzepte in Wien einen  Lehrgang absolviert und eben jetzt das Studium in Zürich. Wissen ist Macht. Das merke ich bei Verhandlungen wenn ich das Excel-Sheet öffne mit meiner Projektkalkulation. Da staunt man, dass jemand wie ich eine Bilanz lesen kann. Weil normal hat ein Künstler keine Ahnung davon.

Helga Stattler:
Kulturmanager und Künstler – lässt sich das vereinbaren?

Karl M. Sibelius:
Ich glaube nicht, dass mir das eine vom anderen etwas wegnimmt. Im Gegenteil, ich bin selbstbewusster und entspannter auf der Bühne. In Georg Kreislers Ein-Mann-Musical „Adam Schaf hat Angst“ werde ich im theater // an der rott ein Schauspieler sein, der über den neuen Intendanten lästert, da kann ich mich richtig selber beschimpfen und mit dem Publikum solidarisch erklären (lacht). Ich werde künstlerischer und kaufmännischer Leiter des Theaters sein. Und mein Ehrgeiz ist, dass es ein großartiges Theater wird, eines von dem man spricht. Ich glaube, dass wir uns nicht nur durch die Stückauswahl von den anderen absetzen werden, sondern weil mein Team und ich uns zumindest auch den Kopf darüber zerbrechen, wie man Kunst und Ökonomie auf einen gemeinsamen Nenner bringen kann. Mal sehen, ob uns das gelingt.

Helga Stattler:
Dann – toi, toi, toi!

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Kulturwandel: Vom Funktionieren zum Gelingen

Gerald Hüther / Homepage

„Es geht nicht um’s Funktionieren, es geht um’s Gelingen!“, hörte ich Gerald Hüther sagen, den inzwischen auch in Österreich bekannten Hirnforscher. Und zwar beim Symposium „Kunst fördert Wirtschaft“, 2010 in Dortmund. Ein solcher Satz muss sickern, er lädt dazu ein, hineinzuhören in die eigenen Gefühle, inneren Einstellungen und Haltungen. Erinnere ich mich an ein Hochgefühl, als mir etwas „gelungen“ ist? Was war das? Oder bin ich schon zufrieden, wenn alles reibungslos klappt, wenn ich „funktioniere“. Bei allem was mich begeistert, wofür ich mich brennend interessiere, was mich freut und was ich im Leben wichtig finde, da stellt sich auch das Gefühl des Gelingens ein. Ein wirklich gutes Gefühl.

Auf der Homepage von Gerald Hüther werden Sie ermutigende Sätze finden, aber auch anspruchsvolle, denn: „Es fällt nichts vom Himmel!“ (zit. Hüther)
Hier nur einige Beispiele, die Sie auch vor der Folie des Themas Kunst und Wirtschaft lesen können, nicht umsonst war Hüther Referent zum Thema „Kunst fördert Wirtschaft“:

  • Unser Hirn macht uns vor was qualitatives Wachstum ist. Es wächst nicht so lange weiter bis uns die Schädeldecke zerplatzt, sondern indem es die Beziehungen zwischen den Nervenzellen intensiviert.
  • Wem Gelegenheit geboten wird, zu zeigen, was er kann, und wem das Gefühl vermittelt wird, dazuzugehören und zum Gelingen des Ganzen beitragen zu dürfen, der strengt sich nicht nur an. Der denkt auch mit. Der übernimmt auch Verantwortung und bringt sich ein.
  • In jedem Unternehmen, in jeder Mitarbeiterin, in jedem Mitarbeiter schlummern meist noch nicht geweckte Potentiale, die nur warten zur Entfaltung zu kommen. Wenn es Führungsteams und ihren Mitarbeitern gelänge, auf eine andere Art und Weise in Beziehung zu treten, könnten Teams über sich hinauswachsen.
  • Die alte Kultur der Ressourcenausnutzung kann durch eine innovative Kultur der Potentialentfaltung ersetzt werden. Es braucht eine grundlegende Veränderung unserer bisherigen Haltungen, Überzeugungen und inneren Vorstellungen – unseres „ mindset“. Wie kann das gelingen? Mit neuen stärkenden Erfahrungen. Mit Begeisterung …
Gerd Altmann / pixelio.de

Professor Gerald Hüther sucht nach dem Geheimnis des Gelingens. Er möchte herausfinden, was Menschen brauchen, um die in ihnen angelegten Potentiale zu entfalten, um gemeinsam über sich hinauswachsen zu können. Das nennt er „Applied Neuroscience“ (angewandte Neurobiologie). Er ist Präsident des wissenschaftlichen Beirats der Sinn-Stiftung und hat die aktuelle Initiative „Kulturwandel in Unternehmen und Organisationen“ initiiert. Unternehmen werden bei der Einführung einer auf Potentialentfaltung ausgerichteten Unternehmens- und Führungskultur unterstützt. Hüther lädt ein, ermutigende und inspirierende Erfahrungen mit anderen Unternehmen und Führungskräften zu teilen und sie damit zu inspirieren.

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Im Gespräch mit KünstlerInnen: Hermann J Kassel

Helga Stattler:
Herr Kassel, unser erstes Zusammentreffen war beim Symposium „Kunst fördert Wirtschaft“ in Dortmund. Mich ist damals der Titel der Veranstaltung angesprungen und ich hab mich spontan angemeldet. Wie war das bei Ihnen?

Hermann J Kassel

Hermann J Kassel:
Der Titel war tatsächlich provokant. Ich bin aber davon überzeugt, dass die Kunst es tatsächlich vermag, der Wirtschaft wichtige neue Räume zu eröffnen, und zwar eben auch im unternehmerischen Interesse. So kann die Kunst auch die Wirtschaft befördern. Ich war auch interessiert dort Menschen zu treffen und zu sehen, wie sind die anderen unterwegs. Wie zum Beispiel der Hirnforscher Gerald Hüther, oder der Künstler Timm Ulrichs aus Münster, das war doch spannend und hochamüsant. Und Sie hab ich doch auch kennengelernt (lacht)!

Helga Stattler:
…. ja, genau, wir sind auch schnell miteinander ins Gespräch gekommen. Es gab aber Zeiten wo es unverträglich war als Künstler sich mit der Wirtschaft einzulassen. Wie war und ist das für Sie?

Hermann J Kassel:Ich habe da zunächst keinerlei Berührungsängste. Bislang ist es auch noch nicht vorgekommen, dass ich aus einem Unternehmen flüchten musste. Aber es  kann schon ein Dilemma geben – zum Beispiel bei der Frage, was ein Unternehmen produziert, kann ich das moralisch vertreten? Oder muss man sich als Künstler/In nicht gerade in die Höhle des Löwen begeben? Zunächst einmal sollten sich Künstler an viele Orte bewegen und Einfluss nehmen. Kunst sollte verändern WOLLEN!

Helga Stattler:
Gibt’s dafür ein Beispiel?

Hermann J Kassel:
Ja, da gab es zum Beispiel die Anfrage eines Spielcasinos bezüglich einer Skulptur. Hier musste ich schon eine Weile darüber nachdenken,  ob ich für ein solches Unternehmen arbeiten möchte.  Aber es hat mir eben auch die Möglichkeit für eine intensive Auseinandersetzung mit diesem Thema – „der Jagd nach dem Glück“ – gegeben. Und ist es nicht spannend Menschen gerade an Orten, wo sie kaum Kunst erwarten, mit Kunst zu konfrontieren? Vielleicht vermag diese unerwartete Konfrontation mit einer Skulptur für einen kleinen Moment innezuhalten, positiv zu irritieren. Diese Versuche möchte ich immer wieder unternehmen. Einen Maulkorb lasse ich mir nicht umhängen – dann nicht!

Helga Stattler:
Beschreiben Sie uns doch bitte ein erfreuliches Projekt aus der letzten Zeit.

Hermann J Kassel:
Das war ein Auftrag des BMBF, des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Anlass war ein großes Förderprogramm zum Thema „Lernen vor Ort“ und in dessen Rahmen die Jahrestagung mit 500 Teilnehmern im Dezember 2011 in Berlin. Dafür sollte ich eine künstlerische Intervention entwickeln. Es ging um strukturelle Veränderungen in Bildungsfragen. Die Exponenten in den Regionen sollten neue Strukturen aufbauen. Meine Idee war, sie mit den fundamentalen Fragen an sich selbst zu befassen: Bilde ich in meiner Einrichtung tatsächlich? Bin ich bereit zu lernen? Dafür habe ich eine Stempel-Edition  in einer limitierten Auflage von 525 Stück entwickelt mit den beiden Aussagen “ich lerne…..”©, “ich bilde…..”©, dazu 15 Büttenpapierbücher im Schuber. Diese zwei fundamentalen Aussagen eröffnen den ganzen Fragen-, Assoziations- und Affirmationskatalog. Lerne und bilde ich wirklich? Wen? Wie? Warum? Was? Gerne? Notgedrungen?….
Daraus ist eine Bibliothek entstanden, gestaltet von den TeilnehmerInnen. Sie haben eingetragen, was Lernen und Bilden für sie bedeutet. Das Buch soll demnächst digitalisiert und online gestellt werden, damit noch mehr Menschen daran teilhaben können.

Helga Stattler:
Mir ist aufgefallen, dass Sie bei Ihren Projekten immer mit den MitarbeiterInnen gemeinsam arbeiten. Kann das Ergebnis dann wirklich ein „Kunstwerk“ sein?

GETRAG Ford Transmissions

Hermann J Kassel:
Worauf es mir bei meinen Projekten „take part in art”© ankommt ist, mich mit den für das Unternehmen relevanten Fragestellungen zu beschäftigen. Daraus entwickle ich ein Konzept für den Workshop und die hierin entstehende Arbeit. Und dann arbeite ich mit den teilnehmenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern tatsächlich an den Fragen die sie betreffen, um die es sich wirklich dreht. Ich will eine neue Perspektive geben. Nachhaltigkeit ist mir wichtig. Und es geht mir darum tatsächlich ein Kunstwerk zu konzipieren und mit den Beteiligten zu realisieren. Das Kunstwerk verbleibt dann an exponierter Stelle im Unternehmen. Zum Beispiel die Skulptur für die Zentrale der GETRAG Ford Transmissions in Köln, die beim Strategietreffen der 45 Senior Manager/innen geschaffen wurde. Mein Workshop-Format zielt darauf ab, ein nachhaltiges, bleibendes Ergebnis zu schaffen, welches als geistiger und emotionaler Anker mit Strahlkraft nach innen und außen dauerhaft seinen Platz im Unternehmen hat. So kann es wirksam bleiben.

Helga Stattler: Wie gehen Sie bei einem Projekt vor?

Hermann J Kassel:
Der Kommunikationsprozess ist sehr intensiv. Von aktuellen Fragestellungen bis zu vertraulichen Firmenunterlagen. Das ist ein intensiver Austausch im Vorfeld. Dann stelle ich noch vor dem Workshop der Unternehmensleitung vor, was ich machen werde. Ich versuche einen weiteren Raum zu öffnen, ein anderes Denken, eine andere emotionale Herangehensweise in die Organisation zu bringen.

Helga Stattler:
Sie haben auch eine Dozentur am Rheinischen FührungsColleg und kooperieren mit Beratern. Wie klappt die Zusammenarbeit mit Experten aus diesen Bereichen?

Hermann J Kassel:
Das Wertvolle ist das Netzwerk und der gegenseitige Austausch. Wie arbeiten die klassischen BeraterInnen mit den Kunden, was macht ein Kreativ-Coach? Über dieses Netzwerk ist auch die Frage an mich herangetragen worden, was Kunst in Krankenhäusern bewirken kann. Prof. Wagner initiierte dazu am Klinikum Hildesheim die „KulturStation“, Ende Mai ging dort die Tagung „Kultur kann anders“ über die Bühne.

Helga Stattler:
Danke für diesen Hinweis, genau über solche Initiativen in Organisationen berichten wir in unserem Blog. Und vielen Dank für das Gespräch!

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3 mal 3 = innovative Lösungen

Können eine Schauspielerin, ein Industriedesigner und ein Fotograf gemeinsam ein Unternehmen bei der Lösung eines internen Problems weiterbringen? Die Ergebnisse aus Oldenburg zeigen, dass dies auf höchst kreative Weise möglich ist. Das Modell, das sich in Groningen und Oldenburg bereits bewährt hat, heißt 3×3: jeweils 3 MitarbeiterInnen aus 3 Unternehmen entwickeln mit jeweils 3 KünstlerInnen und einem Coach neue Lösungen für konkrete betriebliche Aufgabenstellungen.

Der Inhaber von 3×3 und Projektleiter in Oldenburg, Peer Holthuizen, Δt Projektkunst, betont, dass nur besonders herausfordernde und komplexe Aufgaben übernommen werden. Worum ging es also bisher unter anderem?

  • Der Wunsch bei der Oldenburgischen Landesbank war, kreative Wege der internen Kommunikation zwischen verschiedenen Abteilungen zu entwickeln. Entstanden ist die Idee für ein Redaktionssystem, das gleichzeitig den internen Informationsfluss optimieren und damit das Betriebsklima fördern kann. Das Team des Unternehmens arbeitete mit einer Bildenden Künstlerin (interdisziplinär), einem Komponisten und einem Bildhauer/Schauspieler, der Coach arbeitet im Bereich Organisationsentwicklung.
  • Die AWO, ein Unternehmen im Sozialbereich suchte nach Ideen, trotz zunehmendem Fachkräftemangel kompetente MitarbeiterInnen zu gewinnen. Die Künstler kamen aus den Bereichen Schauspiel, Grafik/Werbung und Bühnenbild, der Coach aus der Unternehmensberatung. Ergebnis war ein Film, den die erfahrenen Fachkräfte der AWO selbst gestalteten und eine grafische Mitmach-Aktion für Schülerinnen und Schüler, um ihnen die Berufe der Sozialwirtschaft auf praktische, anschauliche Weise bewusst zu machen.
  • Die Landessparkasse wollte die Ausbildung optimieren. Ihr Kreativteam bestand aus einer Theater- und Filmpädagogin, einem Musiker und einem (3D-)Computer-Animateur, der Coach war Architekt. Die Lösung bestand u.a. in einem Perspektivcoaching und der persönlichen Begleitung der jungen Bankkaufleute durch Mentoren.
3mal3 TeilnehmerInnen 2011
3mal3 TeilnehmerInnen 2011

Im Gespräch mit Ina Lehner-Jenisch von der Wirtschaftsförderung Oldenburg, die das Projekt unterstützt, wunderte ich mich darüber, dass Designer, Fotografen, Architekten, Schauspieler, Philosophen, Komponisten usw. also querbeet Unternehmer aus der Kreativwirtschaft und „freie“ Künstlerinnen und Künstler erfolgreich zusammenarbeiten. Ihre Antwort: „Dieser Mix ist besonders wichtig. Die Künstler gehen ohne Vorinformationen an die Themen heran. Ihre Stärke sind ihre Spontaneität und ihre kreativen Methoden.“

Was macht die Projekte aus Unternehmenssicht so erfolgreich? Die Kreativteams werden sorgfältig und passend zur Aufgabe zusammengestellt und die Projekte unternehmensintern intensiv vorbereitet. Kriterium für die Auswahl der drei MitarbeiterInnen ist zum Beispiel, dass sie nicht nur motiviert sind, sondern auch die Verantwortung für die Umsetzung der gefundenen Lösungen in der Praxis übernehmen können. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist „die offene Herangehensweise der Kreativen, ihre ‚erbarmungslose’ Sicht auf die gestellte Aufgabe und die gute Stimmung, die bei allen Teams herrscht“, so der Projektleiter. Die Teams aller Unternehmen tauschen darüber hinaus ihre Erfahrungen bei gemeinsamen Roundtables aus.

Und was haben die Künstler davon, außer ein (meiner Meinung nach noch immer zu bescheidenes) Honorar? Sie erleben, dass ihre Fähigkeiten auch in anderen Bereichen gefragt sind. Zitat Michael Olsen, bildender und darstellender Künstler: „Ich habe deutlich gespürt, dass ich als Quergeist, unbequemer Denker und Finger-in-Wunden-leger wirklich ernst genommen werde.“

Da der Erfahrungsaustausch ein wesentliches Element des Erfolgs dieser neuen Form von Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft, Kunst und Kreativwirtschaft ist, treffen sich die Akteure aus Groningen, Oldenburg und Bremen am 16. Mai in Bremen um voneinander zu lernen.

3mal3_Projektberichte

Im Juni startet in Oldenburg die dritte Runde dieses Modells. Die Unternehmen haben sich bereits beworben, die Teams werden jetzt zusammengestellt.

Ein Erfolgsmodell? KünstlerInnen und Kreative, die sich gerne engagieren, kennen wir. Unternehmen haben sicher ungelöste Probleme! Was meinen Sie dazu?

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Mit Theatermethoden eigene Stärken entdecken

Bei der Veranstaltung des Instituts für Kunst und Wirtschaft im Uhrenmuseum fand in der Diskussion die Wortmeldung von Jörg Schielin, dem Leiter der SPAR Akademie Wien, besondere Aufmerksamkeit. Es ging gerade um die Motive von Unternehmen, Künstler für die Personalentwicklung einzusetzen. Benutzt die „böse“ Wirtschaft die Kunst bloß? Geht es darum, die MitarbeiterInnen so „herzurichten“ wie man sie braucht?

Herr Schielin widersprach leidenschaftlich: „Wir machen das nicht um Defizite auszubessern. Unser Schulsystem fokussiert leider auf das, was die Schülerinnen und Schüler nicht können. Wir wollen diesen jungen Menschen zeigen was sie können, wozu sie fähig sind, und sie genau in diesen Fähigkeiten weiter entwickeln. Mit Kunst zeigen wir ihnen meist eine Welt, die sie nicht kennen. Wir besuchen mit den Lehrlingen zum Beispiel auch Museen und kulturelle Veranstaltungen. 50 % der Jugendlichen waren noch nie in einem Theater – das war ein Aha-Erlebnis für uns. Unserer Meinung gehört das zur ganzheitlichen Bildung, doch leider wird der Schulunterricht in kreativen Fächern permanent gekürzt.“

„Kulturpflege – Multikulturelles Lernen“ gibt es in der SPAR Akademie Wien schon lange. Hier wird Sozialkompetenz, Zivilcourage und Toleranz vermittelt. Im September 2010 entwickelte Jörg Schielin mit Max Friedrichs vom Verein Schule für das Leben die Idee für ein Experiment, das wissenschaftlich begleitet wurde. 40 Lehrlinge nahmen neben ihrer Ausbildung an einem Theaterprojekt teil, die Kontrollgruppe mit ebenfalls 40 Lehrlingen durchlief nur die traditionelle Ausbildung.

Fotos: SparAkademie

Fotos: SparAkademie/Lukas Beck
Fotos:SparAkademie/Lukas Beck

Im Juni 2011 lag die Auswertung vor. Die Ergebnisse waren eindeutig. Das Sozialverhalten hatte sich verbessert, Lehrlinge, die Theater gespielt hatten, agierten selbstsicherer, zeigten mehr beruflichen Ehrgeiz und Zufriedenheit. Jörg Schielin: „Der Nutzen ist zum Teil sofort spürbar, bei anderen dauert es ein wenig, aber spurlos geht es an niemandem vorbei, bei jedem ist ein Persönlichkeitsschub spürbar.“

Derzeit werden Module konzipiert, die als fixer Bestandteil der Lehrlingsausbildung implementiert werden. Ab Herbst gibt es für alle Lehrlinge des 1. Jahrgangs Workshops mit KünstlerInnen über Wahrnehmung, Sprechen, Improvisation, Musik & Rhythmus sowie einen Theaterworkshop.

Auf meine Frage, ob Kunst auch im Training für die Führungskräfte eingesetzt wird, bekomme ich noch ein „nein“, allerdings meint Jörg Schielin, hier behutsam vorgehen zu müssen, es sei doch etwas Exotisches. Allerdings ist er sich sicher „dass nur wenige Führungskräfte sich getraut hätten sich auf die Bühne vor 450 Leuten zu stellen und Theater zu spielen.“

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Die Wirkung von Kunst bei Unternehmen und MitarbeiterInnen

Unsere Erfahrung, welchen Nutzen Kunst in Organisationen haben kann, wird in der Disseration von Claudia Schnugg von bestätigt, die für ihre Arbeit an der Johannes Kepler Universität Linz, Institut für Organisation,  70 Fallbeispiele analysierte. Im Kapitel „Wirkungen“ reiht sie die Aussagen nach der Häufigkeit der Nennungen:

Foto: © Renée Del Missier / www.reneedelmissier.com

Anzahl   Wirkung bei Unternehmen und MitarbeiterInnen
19          Unternehmenskommunikation wird verbessert
10          Diskussionskultur und kreativer Dialog wird angeregt
9            Imageaufbau des Unternehmens
9            Selbstreflexion wird gefördert
9            Routinen werden hinterfragt
9            Corporate Identity wird nach innen und außen kommuniziert
8            Beiträge zur Organisationskulturentwicklung
8            Persönlichkeitsentwicklung wird gefördert
8            Wahrnehmung wird geschärft und reflektiert
7            Atmosphäre der Offenheit und Kreativität wird gestaltet

Zusammengefasst gab es die größte Zahl an Nennungen sowohl auf der individuellen als auch der Organisationsebene bei Persönlichkeits- und Kompetenzentwicklung, gefolgt von Sozialem Verhalten, Wirkung auf Marketing und PR und Unternehmenserfolg. Bei der persönlichen Charakter- und Kompetenzentwicklung wurden u.a. Selbsterfahrung, eigene Meinung vertreten lernen, Verhaltensänderung durch Selbstreflexion, Denkblockaden lösen, Wahrnehmung schärfen, Lernen genau hinzuhören und hinzusehen, offener gegenüber Neuem werden, Perspektiven anderer einnehmen, eigeninitiativ Handeln, Kreativität steigern und Teamentwicklung genannt.

Beim Input zur Organisationsentwicklung durch Kunst und KünstlerInnen waren es Statements wie Identifikation mit Problemen, Abläufe erkennen, externe Sichtweise als Beitrag zur OE, künstlerischer Prozess als Modell für Arbeitsabläufe, Arbeitsfreude und Motivation steigern, positives Arbeitsklima gestalten.

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Silence – stille Begegnung mit Kunst

600 m2, 2 Kunstwerke, 1 Stunde Zeit exklusiv für Sie allein oder zu zweit.
Liebe Führungskraft, sind Sie bereit für eine Stunde Entschleunigung?
Dann lassen Sie sich von Karlheinz Essl sen. einladen: „Unter Entschleunigung verstehe ich, dass wir das Gegenteil machen vom dem was wir den ganzen Tag über tun, nämlich zur Ruhe kommen. Sich vor ein Bild hinzusetzen, das Bild zu betrachten, das Bild zu einem sprechen zu lassen und dann in einem kunst-trance-artigen Zustand sich einfach in das Bild hineinzuverlieren, so lange bis alle Gedanken weg sind und nur mehr das Kunstwerk einen ganz gefangen nimmt. Ich lade Sie ein sich auf dieses außergewöhnliche Projekt einzulassen.“

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Kann man das Ergebnis künstlerischer Interventionen messen?

Das kommt mir bekannt vor. Das gleiche Legitimationsproblem haben Trainings und Beratungen. Wie messen Sie den Erfolg eines dreitägigen Führungskräftetrainings? Das Bedürfnis den Nutzen von Investitionen in Personal- und Organisationsentwicklung quantitativ zu messen, gibt es seit langem. Auch bei den Berichten über Projekte mit KünstlerInnen finden sich Angaben wie zb 20% Steigerung des Umsatzes, oder 30 % Reduktion der Fluktuation. Nachdem die meisten Change-Projekte über einen längeren Zeitraum laufen und gleichzeitig andere Maßnahmen im Unternehmen den Erfolg beeinflussen, stehe ich solchen Angaben eher skeptisch gegenüber. Viel mehr überzeugen mich die positiven Schilderungen von Menschen, die künstlerische Interventionen selbst erlebt haben. Daraus geht hervor, dass sie

–         Selbstvertrauen und Freude an der Arbeit gewonnen haben
–         mit anderen offener und positiver gestimmt zusammenarbeiten
–         durch Experimente neues Wissen in einer neuen Art entwickeln konnten
–         verborgene Fähigkeiten in sich entdeckten
–         Mut gefunden haben Neues auszuprobieren woran sie bisher überhaupt nicht dachten
–         von anderen nun als eine vielseitige Persönlichkeit gesehen werden

Die Wirkung spiegelt sich also in einer persönlichen Entwicklung und der Mitarbeiterzufriedenheit. In den Erzählungen wird immer wieder von einem Energieschub berichtet, der sich positiv auf Teamarbeit, auf die gesamte Unternehmenskultur und damit auch auf die Ziele der Organisation auswirkte. Die direkte und erfrischende Herangehensweise der KünstlerInnen an die Situationen, ihre Offenheit und so ganz  andere Art der Kommunikation sprachen alle Sinne an und halfen, die Trägheit eingespielter Routinen zu überwinden.

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Kunst und Arbeitswelt – Arbeiten von KünstlerInnen

Das Technische Museum wählte als Jahresschwerpunkt die Arbeitswelt. Und geht dabei neue Wege. Für die Ausstellung „At your Service – Kunst und Arbeitswelt“ wurden sieben Künstlerinnen und Künstler eingeladen, zum Thema Arbeit neue Kunstwerke zu produzieren.

Kunst wird dabei nicht in einem eigenen Ausstellungsraum präsentiert, sondern in die bestehende Dauerausstellung integriert. Als Interventionen befragen und erweitern die Kunstwerke die Präsentationen zu den Entwicklungen der Stahlerzeugung, der Energiegewinnung, des Eisenbahnwesens und des Alltags und bringen in ein Technikmuseum neue Perspektiven ein.

Die KünstlerInnen beziehen pointiert Stellung zu aktuellen Fragen: Wie verändert sich Arbeit? Wo ist sie Privileg, wo eine Belastung? Was bedeutet es, wenn Arbeitsabläufe automatisiert werden? Die Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft: unsere Arbeitszukunft? Was heißt es, flexibel und mobil zu sein? Wie beeinflussen Arbeit und Arbeitslosigkeit unser Selbstverständnis?

Anna Jermolaewa - Tafel der Ehre
Anna Jermolaewa - Tafel der Ehre
Daniel Knorr - Bettelroboter
Pavel Braila – A Tribute to the Typewriter
Pavel Braila - A Tribute to the Typewriter

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Manchmal werden wir gefragt: „Kunst und Wirtschaft? Interessieren sich Künstler denn überhaupt für die Arbeitswelt?“  Nun, zumindest gibt es eine ganze Reihe davon, überzeugen Sie sich selbst.

http://www.technischesmuseum.at/ausstellung/at-your-service-kunst-und-arbeitswelt

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Kunst + Wirtschaft = ?

Sind eins! Nein, sind zwei Welten! Können sich befruchten, aber der Unterschied muss bestehen bleiben!

Bei unserer Diskussionsrunde am 15.3.12 im Uhrenmuseum waren beide „Welten“ vertreten und auch emotional spürbar, schon nach den ersten Wortmeldungen. Unterschiedlichen Meinungen von Managern und Beratern einerseits und KünsterlerInnen andererseits hätten uns nicht erstaunt, die Differenzen gab es aber auch innerhalb dieser Welten.

Ist der Künstler ein Dienstleister wenn er/sie für ein Unternehmen arbeitet? Ja! Nein! Was ist mit dem künstlerischen Anspruch – der ist wirtschaftlich doch nicht argumentierbar? Wo bleibt die Freiheit der Kunst? Haben Künstler Angst vereinnahmt zu werden?

Macht es einen Unterschied ob Berater analoge Interventionen einsetzen oder KünstlerInnen mit künstlerischen Interventionen arbeiten? Nein! Doch, einen großen! Liegt er in der Nachhaltigkeit? Achtet der Künstler auch auf die Umsetzung? Wie werden Irritationen bearbeitet? Brauchen Künstler Berater-Knowhow oder ist das kontraproduktiv?

Einig war man sich darin, dass es für eine künstlerische Intervention eine offene Kultur im Unternehmen braucht, die Rollen geklärt und die KünstlerInnen in einen Beratungsprozess eingebettet sein müssen.

Das Ergebnis des Abends: viele spannende Fragen, großes Interesse und der Wunsch nach Best Practice Beispielen. Die geben Sicherheit bei diesem neuen Thema.

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