„Eine wunderbare Mischung aus Wandern, Schauen, sich Fragen stellen, Verwirrtsein und etwas Ordnung ins eigene Chaos bringen“, war eine der Rückmeldungen aus der Wandergruppe vom Juni d.J., der TREKK:ART Tour. Veranstalter sind „Die Fabrikanten“, die seit mehr als 30 Jahren kommunikative, künstlerische Projekte realisieren.
Sie haben zum Beispiel das kürzlich stattgefundene Festival 22butterfly mitgestaltet. Dort plädierte einer der Referenten, Georg Wolfgang, CEO der Culturizer GmbH, dafür, „das Künstlerische“ zu nutzen, um mit relativ einfachen aber überraschenden Maßnahmen, den Culture Hacks, die Kultur im Unternehmen zu irritieren und dadurch weiter zu entwickeln. Eines seiner Beispiele waren die Geh-spräche, Spaziergänge von Teams, statt der üblichen Besprechungen. Diesen Culture Hack kann auch der und die Einzelne nutzen, sowohl für das Berufs- als auch Privatleben.
Am 10. September ist dafür wieder Gelegenheit: Künstler:innen und Coaches begleiten und inspirieren 4 bis 8 Teilnehmer:innen bei dieser eintägigen Erlebnisreise. Der spielerisch-dramaturgisch gestaltete Weg führt zu einem selbst und hilft bei der Standortbestimmung, beim Perspektivenwechsel, beim Wandel sowie bei der Findung eines Leitnarratives.
Die Wanderstrecke in der Umgebung von Linz ist physisch kaum belastend (Distanz: ca. 10 km, nur rd. 200 Höhenmeter). Die Wanderung stellt also keine hohen Anforderungen an die Fitness, aber die Inszenierung dieser Wanderung ist herausfordernd. Verschiedene Stationen sorgen für Inspiration und Irritation durch künstlerische Interventionen. Gehen in der Gruppe, dann individuelle Abschnitte für den inneren Dialog, dann one-to-one als Einzelner mit befragender Reisebegleitung.
Künstlerische Reisebegleiter sind Martha Laschkolnig und Gerald Harringer, die auch als Coaches agieren. Martha Laschkolnig ist freischaffende Künstlerin, Akrobatin und Clownin. Gerald Harringer ist Mitbegründer der Agentur für Unternehmenskultur, die Fabrikanten, Story Coach und Kulturmanager.
Als Impulsgeber ist im September Oskar Kern, Innovationsberater und Manager, dabei. Er wird zu Beginn den Teilnehmer:innen Gedanken mit auf den Weg geben, und beim Ankommen die Reflexion der erwanderten neuen Sichtweisen begleiten.
„Ein guter Manager muss kindliche Neugier und Wissensbegierde mit Tun vereinbaren.“ Oskar Kern 9/21
Nächster Termin: Samstag 10. September 2022, ca. 9 bis 19 Uhr (Schlechtwetter-Ersatztermin: 16. oder 17. September) Ort und Zeitpunkt der Abreise von Linz wird am Tag zuvor bekanntgegeben.
Teilnahmegebühr: € 90,- (inkl. Reisekosten für Bahn, Bus oder Boot, exkl. Verpflegung)Kontakt, Info und Anmeldung: Link auf der Homepage
TREKK:ART Tours werden auch für Teams organisiert. Anfragen und Terminvereinbarungen „Die Fabrikanten„
Ist die Rolle des Dirigenten im Orchester mit der Rolle der Führungskraft in einer Organisation vergleichbar? Im November 2010 hörte ich dazu die Meinung des Musikers Albert Schmitt, früher Kontrabassist in der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, seit mehr als 20 Jahren ihr Geschäftsführer. Der internationale Erfolg des Orchesters ist eine spannende und lehrreiche Geschichte. Mich interessierte damals mehr, wie durch die Zusammenarbeit von Organisationen und Künstlern Neues entstehen kann. Das war Thema des Symposiums „Kunst fördert Wirtschaft“ in Dortmund, organisiert von einer der Pionierinnen auf diesem Gebiet, Frau Prof. Ursula Bertram, IDfactory/Zentrum für Kunsttransfer. Hier mein Bericht über dieses Symposium.
Albert Schmitt schilderte zunächst die klassische Rolle des Dirigenten. Er oder sie entwickelt die Vision der persönlichen Interpretation eines Musikstücks. Die Musiker sind die Ausführenden. Eine effiziente Top-down-Struktur. Nun sind Musiker aber hochtalentierte, kreative Spezialisten und Profis, die sich auch gegenseitig befruchten. Schmitt: „Wer kreative Menschen zu Höchstleistungen anspornen will, muss ihnen auch Gestaltungsspielraum zugestehen.“1)
Daher scheint sich in Orchestern genau so wie in Organisationen ein Kulturwandel zu ereignen. Auch in Organisationen ist es einerseits Aufgabe der Führungskräfte eigenständig zu gestalten, Visionen zu entwickele, die Kultur zu prägen, die Werte zu leben und zu vermitteln, klare Entscheidungen zu treffen. Sowohl in Orchestern als auch in Teams sind die Menschen unterschiedlich, darauf muss ein Leader mit Aufmerksamkeit und Empathie eingehen. Das gelingt, wenn die Menschen unterstützend geführt werden und sie ihre Potenziale entwickeln können.
Hernstein-Training mit Profi-Musikern
Die Analogie zwischen der Aufgabe einer Führungskraft und der eines
Dirigenten klingt überzeugend – ich hatte aber noch Vorbehalte. Daher
nahm ich sehr gern vor kurzem an der Online-Präsentation des
Hernstein-Seminars „The Sound of Leadership“ mit dem Dirigenten Florian
Schönwiese teil. Auch Schönwiese berichtete vom Wandel, der sich in den
letzten Jahren in vielen Orchestern vollzogen hat. Heute erwarten
Orchester mit einem Dirigenten auf Augenhöhe und gegenseitigem Respekt
zusammenzuarbeiten.
Sie sind selbstbewusst, fordern Gestaltungsspielraum und wollen überrascht werden. Schönwiese nennt als Beispiel die Mexikanerin Alondra de la Parra. Ich habe ein Interview mit dieser Dirigentin gefunden, in dem sie über ihren Kommunikationsstil spricht: „Das wunderbare an einem Orchester ist, Veränderungen und Fehler sind innerhalb kürzester Zeit zu bemerken. In Organisationen können solche Prozesse Jahre dauern. Fehler können sogar Spaß machen, wenn es darum geht, den besten Ausweg zu finden. Was wird passieren? Wird er uns aus der Bahn werfen – oder profitieren wir von dem Adrenalinschub und werden am Ende sogar besser, stärker als Gruppe?“
Wie können nun Führungskräfte aus diesen Erfahrungen lernen?
Florian Schönwiese hat langjährige Praxis als Geiger, Orchestermusiker und Kulturmanager. Erfahrungen, die er in die Arbeit mit Führungskräften einbringt. Seit 2014 nahmen mehr als 500 TeilnehmerInnen an den Seminaren des Profi-Musikers und Leadership-Trainers teil. Schönwiese setzt in seinen Seminaren die von ihm entwickelte Pratobello-Methode ein. Die Kraft der Musik und die Erfahrung von professionellen Musikern wird genutzt, um unmittelbar Haltungen, Werte, Kompetenzen und Fähigkeiten von Führungspersönlichkeiten zu erleben und ihnen zu einer erfahrungsbasierten Selbsterkenntnis zu verhelfen.
Vorab erhalten die Teilnehmer eine Aufnahme und auf Wunsch auch die Partitur einer Komposition, um hineinzuhören, sich damit vertraut zu machen und eine persönliche Vision der Interpretation zu entwickeln.
Bei der Probe schlüpfen sie dann in die Rolle des Dirigenten eines High-Performance-Teams und erleben unmittelbar die Wirkung ihrer Haltung und ihres Agierens auf das Team. Das Ensemble von vier Orchestermuskern, ein Streichquartett, stellt sich ganz auf dieses Dirigat der Führungskraft ein und das Ergebnis kann man sofort hören. Sie erfahren also im unmittelbaren Feedback wie sich alles was man tut und fühlt auswirkt: jede Geste, die Mimik, die Energie, die gesamte Körpersprache. AbsolventInnen bestätigen, dass sie genau in diesen Rückmeldungen Parallelen zu ihrer Führungsaufgabe erleben. Eine Erfahrungsbasierte Selbsterkenntnis!
Wie eine solche Probe abläuft kann man in diesem Video sehen.
Der Schwerpunkt im Seminar liegt sicher im ehrlichen, persönlichen Feedback der vier Profi-Musiker des Ensembles an jede einzelne Führungskraft. Ein Feedback, das in diesem Setting gut aufgenommen werden kann. Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass es zu Diskussionen über Leadership-Stile kommt. Welcher Leadership-Stil ist beim „Einschwören“ eines Teams auf eine gemeinsame Aufgabe gefragt? Wenn der Dirigent eine klare Vorstellung von der Interpretation eines Musikstücks hat, wie kann er das jedem einzelnen Musiker und dem Orchester als ganzem Klangkörper näher bringen? Gilt da „Making others better through your guidance and presence“? Oder wie es die Dirigentin Oksana Lyniv ausdrückte: „Ich gebe einen Impuls ins Orchester, das damit weitere Impuls auslöst, die zu mir zurückkommen. Die wiederum verarbeite ich, verändere oder verstärke sie und schicke sie wieder zurück.“2)
Auf der Webseite von Florian Schönwiese können Sie viele Videos sehen und sich über Feedback von Kunden informieren.
Warum die Robert Bosch GmbH die 12. Etage des Forschungsgebäudes zum Experimentierraum erklärte
Das Zentrum für
Forschung und Vorausentwicklung der Robert Bosch GmbH wurde 2015 errichtet. Rund
1700 MitarbeiterInnen arbeiten am Standort Renningen, etwa eine Stunde von
Stuttgart entfernt daran, „Antworten auf die Fragen von übermorgen zu finden“.
Da gibt es Labors und Kommunikationsbereiche, ein Smart Life Lab, das Robotik Forschungslabor, ein Erprobungsgelände für Automobilsysteme und und und … hier ein Einblick
In welchen Umgebungen finden kreative Prozesse im 21. Jahrhundert statt?
Das aus unserem Blickwinkel interessanteste Stockwerk ist das oberste, in dem sich der Experimentierraum „Platform 12“ befindet. Die Platform 12 ist eine Kooperation der Robert Bosch GmbH, der Akademie Schloss Solitude und des Künstlerduos Wimmelforschung.*) Auf rund 1000 m2 können die MitarbeiterInnen zehn Prozent ihrer Arbeitszeit als sogenannte „Concept Time“ frei verbringen. Sie tauschen sich hier mit KollegInnen aus anderen Abteilungen aus um Synergien zu finden und nutzen die Ausstattung des Raumes für eigene Projekte.
Welche Fragen stellen sich Forscher hinsichtlich der Zukunft? Und: Welche Fragen stellen sich Künstler?
Das Konzept der Platform 12 wurde von den Wimmelforschern Maren Geers (Darstellende Künstlerin) und Thomas Drescher (Bühnenbildner) und der Innovationsmanagerin von Bosch, Birgit Thoben, entwickelt.
Neben der Raumgestaltung und künstlerischen – auch provozierenden – Ausstattungselementen ist die ständige Anwesenheit des „künstlerischen Agenten“ entscheidend. Die Auswahl der Künstler erfolgt über die Ausschreibung eines Stipendiums der Akademie Solitude. Der Künstler, die Künstlerin beobachtet, irritiert, gibt Impulse, interagiert, öffnet das Denken. Ein künstlerischer Störfaktor, der indirekt einen Mehrwert für den Konzern generiert?
Bosch ist ein sehr alter, eher traditioneller Weltkonzern. Klassisches Ingenieursdenken führt zu erwartbaren Innovationen. Wie kommt man auf wirklich völlig Neues? Welches Maß an Chaos und Offenheit ist nötig?
„Emotional geht man in diesen Raum, wenn man nicht weiß was man sucht. Dort wo man Ideen kreieren kann oder auf der Suche nach etwas Neuem, das man weder kennt noch weiß wie es sich entwickelt.“ Birgit Thoben
Der Nutzen für die Forscherinnen und Forscher liegt darin, dass sie durch diesen Freiraum die Möglichkeit haben, in eine andere Welt jenseits der gewohnten Ordnung und Routine einzutauchen. Freiheit, Weitblick, Nonlinearität, Grenzen überschreiten, ständige Veränderung prägen den Raum.
„Ich glaube auch, dass die Bereiche der Wirtschaft und Kunst trotz ihrer oft gegensätzlichen Ansätze sehr viel voneinander lernen können. Hierin liegt viel Potenzial für unsere Zukunft.“
Maren Geers
Zusätzliche Informationen
Auf der Seite von Schloss Solitude finden Sie ein spannendes Interview von Sophie-Charlotte Thieroff, der Koordinatorin des Projekts the art, science & business program an der Akademie Schloss Solitude, mit den Künstlern und der Innovationsmanagerin. Sie schildern den Raum als wandelbar. Er soll sich verändern und helfen, die gewohnten linearen und berechenbaren Strukturen über Bord zu werfen. Sie diskutieren auch, wie es gelingen kann, die Idee und Philosophie dieses Raumes für die Zukunft zu erhalten. Gewohnte Regeln und Überzeugungen zu verlassen, Grenzen auszuloten und zu überschreiten ist nicht selbstverständlich und braucht ständige Auseinandersetzung und Dialog.
Hier finden Sie das Interview in englisch, die deutsche Version am Ende des englischen Textes als pdf.
Aus der Perspektive der beiden Künstler können Sie über das Projekt im Buch „Wirtschaft trifft Kunst“, herausgegeben von Ulrike Lehmann, im Teil VI – Aussicht: Projekte von Kunst in Unternehmen lesen. Ein Buch, das auch auf meiner Besprechungsliste steht. Einen Auszug unter dem Titel „Ein Eingriff ins Gesamtsystem“ finden Sie auf der Seite der Initiative Kultur- & Kreativwirtschaft.
*) Über das Künstlerische Unternehmen
Wimmelforschung (seit 2018 „Break’n Border) gibt es demnächst einen eigenen
Blogbeitrag.
Das Palais Strozzi in der Lerchenfelderstraße kenne ich noch aus der Zeit als mein Finanzamt dort residierte. Nun ist das Palais Sitz des Forschungszentrums des Instituts für Höhere Studien und des Complexity Science Hub Vienna. Das CSH erforscht anhand der heute verfügbaren großen Zahlen komplexe Zusammenhänge (Where big data starts to make sense).
This place cries for art
Erstaunlich wie sich die Atmosphäre des Gebäudes und der Räume verändert, wenn nun Wissenschaftler dort arbeiten. Die noch dazu die Kunst und damit KünstlerInnen und Künstler hereingeholt haben. Zitat CSH Vienna: „When we first saw the big, white walls of Palais Strozzi we knew: This place cries for art.“
Seither gibt es einige Male im Jahr im „Art at the Hub“ Ausstellungen von Künstlern mit besonderem Bezug zur Wissenschaft. Dafür engagiert sich Laura Stöger!
Auch bei Studien des CSH geht es immer wieder um Kunst, z.B. beim Projekt „Hot streak“, in dem tausende CVs von Künstlern und Wissenschaftlern analysiert wurden um Erkenntnisse über besonders erfolgreiche Lebensphasen zu ermitteln.
Wendelin Pressl und das Universum
Also der ideale Ort für die Ausstellung einer Reihe von Werken des Künstlers Wendelin Pressl zum Geheimnis des unendlichen Universums. Die Arbeiten sind in den letzten Jahren entstanden, einige wurden bereits gezeigt. In dieser geballten Dichte auf einer Etage hinterlassen sie einen ganz besonderen Eindruck.
Wendelin Pressl ist ein vielfältiger Künstler: Fotografie, Malerei, Zeichnung, Installation, Aktion – am besten nennt man es wahrscheinlich Objektkunst. Die ausgestellten Objekte zeigen aber auch eine klare Linie. Wendelin erspürt ein Phänomen, analysiert es, zerlegt es in seine Bestandteile und setzt es neu zusammen. Das meint er wahrscheinlich, wenn er seine Arbeit als „Basteln“ beschreibt!
Ist die künstlerische Arbeit nur ein
ironischer Kommentar auf die ernsthafte wissenschaftliche Forschung, auf die
exakte Mathematik? Gerade die Erforschung des Universums basiert auf großer
Unwissenheit.
Ein schönes Beispiel dafür sind die Bilder, die das Weltraumteleskop Hubble in den Weiten des Weltalls von tausenden von Galaxien aufnimmt. Bilder davon findet man auf Wikipedia. Die Kuratorin Manuella Ammer schrieb „Es ist ein hilfloser und zugleich faszinierender Versuch, dem expandierenden Weltall mit Hilfe von herkömmlichen Techniken der Abbildung und Vermessung beikommen zu wollen.“ Pressl legt in seinem Acrylbild „Hubble ultra Deep Field“ ein regelmäßiges Raster aus feinen Linien über einen fiktiven Ausschnitt des Universums, und weckt beim Betrachter die Illusion von Wahrheit.
Denn unsere Erwartungshaltung an die Wissenschaft ist Fakten/Wissen/Wahrheit zu produzieren. Wendelin Pressl konterkariert diese Erwartungshaltung, die Grenzen zwischen wahr und falsch werden spielerisch ausgelotet. „Humor dient Pressl als Trägermedium: mit feinem Augenzwinkern gibt er BetrachterInnen die Chance, lustvoll hintergründige Ironie zu erkennen.“ schreibt Petra Sieder-Grabner in den ARTFaces zu Wendelin Pressl. Pressl baut auch scheinwissenschaftliche Messgeräte – wie die Weltanschauungsapparatur, den Analyser, den Planetomat – denen man zwar auf den ersten Blick misstraut. Trotzdem ist die Neugierde so groß, dass man der Versuchung nicht widerstehen kann!
Die Ausstellung muss man also nicht nur „sehen“, sondern „selbst erfahren“ – das ist Teil des Konzepts von Wendelin Pressl. Bis 30. April ist das noch möglich!
PS: Im Verlauf der Vernissage gab es ein spannendes Gespräch zwischen dem Künstler Wendelin Pressl und dem Komplexitätsforscher Leonhard Horstmeyer, ausgezeichnet moderiert von Elisabeth J. Nöstlinger, Ö1 Wissenschaftsredaktion. Wie nah und auf Augenhöhe sich da Wissenschaft und Kunst waren!
Leider habe ich nicht mitgeschrieben und es gibt auch keine Aufzeichnung davon. Sehr schade. Es wurde auch gesungen – auch nicht dokumentiert! Aber ich habe auf Youtube den singenden Wendelin gefunden, im Duett mit dem Künstler Klaus Ludwig Kerstinger – sehr schön und außerdem sehr passend weil es schaut ja grad nach Frühling aus!
… nennt der Künstler Werner Reiterer die section.a. In dieser Bezeichnung stecken zwei Qualitäten: Kunst als erstklassiges Transfermittel für die Wirtschaft – und Spitzenleistungen aller Beteiligten. Die section.a, Art Design Consulting GmbH, entwickelt Projekte an der Schnittstelle Kunst, Design und Wirtschaft.
Die Zusammenarbeit mit KünstlerInnen, GestalterInnen und KollegInnen bezeichnet das Team um Katharina Boesch und Christine Haupt-Stummer als vielschichtig und inspirierend. Wenn alle Beteiligten offen sind für Ideen, auch für ungewöhnliche, dann entsteht tatsächlich etwas Neues, Überraschendes.
Beispiele dazu:
Anlässlich des Jubiläums 180 Jahre Eisenbahn in Österreich entwickeln acht KünstlerInnen Lichtinstallationen für die Hauptbahnhöfe.
Die Installation der Künstlerin starsky (Julia Zdarsky) für den Salzburger HBH visualisiert Bewegung, Reisen, Vorübergleiten von Landschaft und Städten, Ankommen und Verweilen.
Clemens Fürtler hat für den HBH St. Pölten aus Modellbauteilen eine Skulptur zusammengesetzt, die einen endlosen, dreidimensionalen Loop über drei Stockwerke bildet.
Für das ACF Austrian Cultural Forum London wurden 10 KünstlerInnen
eingeladen, Arbeiten zu entwickeln, die ein kaleidoskopartiges Portrait der
Institution entstehen lassen sollten.
Die Arbeiten waren in die Räume des Forums integriert
Gemeinsam ist den Projekten: keine konventionellen Zugänge sondern ein kritischer Blick, der zu Reflexion, Ironie und Dialog einlädt. Auf der neuen Homepage der section.a kann man anhand zahlreicher Projektbeispiele diese Arbeitsphilosophie nachvollziehen. t
Mehr als 100 InteressentInnen folgten der Einladung „Hereinspaziert“ des Teams von „Unternehmen! KulturWirtschaft“ im Nordkolleg Rendsburg. Dann hieß es Manege frei für die Protagonisten*) der acht Pilotprojekte künstlerischer Interventionen, deren Abschluss mit einer vielfältigen Veranstaltung gefeiert wurde.
Acht Unternehmen waren mutig genug sich auf etwas Neues, eine künstlerische Intervention, einzulassen, darunter auch das Nordkolleg und das Team rund um Lena Mäusezahl, die Intermediäre = Prozessbegleiter dieser Projekte. Sie wollten die künstlerische Intervention und ihre Wirkung hautnah selbst erleben. Alle Projekte waren durch die Unternehmer bzw. Geschäftsführer, durch MitarbeiterInnen und den / die KünstlerInnen vertreten und berichteten in lebendigen Geschichten und bunten Bildern über den Ablauf und die Ergebnisse.
Video-Dokumentationen aller Projekte, auch mit back-stage-Eindrücken, boten Einblick in die Abläufe. Auf der Seite www.massiv.kreativ.de von Antje Hinz können Sie ausführliche, informative Interviews von allen Beteiligten – den Managern, den Künstlern und den Mitarbeitern – zu den verschiedenen Projekten hören und sehen.
Wenn Sie eine kompakte Information bevorzugen, dann empfehle ich Ihnen dieses Videomit Szenen aus vier Interventionen:
Mit einem kreativen und kurzweiligen Veranstaltungsdesign, moderiert von Lena Mäusezahl und Nele Tiemeyer, gingen die Präsentationen in das fröhliche Abschlussfest über.
*) Ein Protagonist ist daran erkennbar, dass er im Verlauf der Geschichte eine Wandlung erfährt, sich also durch die Ereignisse und Erfahrungen weiterentwickelt. Bei diesen Pilotprojekten haben sich alle Beteiligten weiterentwickelt.
Der anschließende Workshop-Tag
Arbeitsgruppe_foto unternehmenkulturwirtschaft.de
bot Gelegenheit, das gemeinsame Verständnis von künstlerischen Interventionen zu schärfen. Der Begriff wird inzwischen für ganz unterschiedliche Aktionen verwendet, von der Kunst am Bau bis zu themenbezogenen Beiträgen von KünstlerInnen beim heurigen Forum Alpbach.
Unser Fokus: Künstlerische Kompetenzen für unternehmerische Fragestellungen einsetzen und damit Möglichkeitsräume öffnen.
In einer Zukunft voll automatisierter Arbeitsabläufe – Stichwort Industrie 4.0 – wird es noch offensichtlicher, dass sich Unternehmen nur mit den Fähigkeiten ihrer MitarbeiterInnen von der Konkurrenz abheben können. Dabei geht es um Kommunikation, um vernetztes Denken, Überschreiten von Grenzen, den weiten Blick auf das Ganze und vor allem um wirklich gute Zusammenarbeit. Geben Sie zu: Klappt das derzeit in Ihrem Unternehmen so, dass Sie sich nicht sorgen müssen? Gerade lese ich im Manager Magazin, dass 7 von 10 Führungskräften im mittleren Management von der Zusammenarbeit mit ihren KollegInnen im Team nicht begeistert sind.
Themen der Workshops waren u.a. die Rolle des Intermediärs, die Intervention aus Künstlersicht, der ideale Auftraggeber, die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt und wie genau das Ziel festgelegt werden soll – denn künstlerische Interventionen sind ergebnisoffen. Was heißt das?
Künstlerische Interventionen sind „ergebnisoffen“
Das interessierte die anwesenden Wirtschaftsleute, die sich von Beratung natürlich ein Ergebnis erwarten. Die bereits KI-erfahrenen Unternehmen erklärten: Das Ziel ist eine Verbesserung, der Prozess wird klar gesteuert, welche Intervention vom Künstler/der Künstlerin gesetzt und was wirklich erreicht wird, entwickelt sich im Prozess und das erleben alle Beteiligten unmittelbar – und die meisten berichteten über ein unerwartetes und überraschendes Erlebnis.
Ariane Berthoin-Antal vom WZB (Wissenschaftszentrum Berlin) hatte die wissenschaftliche Begleitung der Projekte übernommen. Eines der Ergebnisse ist zum Beispiel der Fokus auf die Lernprozesse für alle Beteiligten. Damit wird der Intermediär zum Lernprozess-Begleiter. Und es wird klar, dass die Voraussetzung für ein gutes Projekt die Bereitschaft aller im Unternehmen ist, zu lernen und sich zu entwickeln. Das entspricht auch dem Beratungsansatz der Lernenden Organisation. Dann stellt sich auch nicht die (an sich wichtige) Frage, nämlich ob die Manager das überhaupt wollen. Wenn man will, dass alles so bleibt wie es ist, macht man besser keine künstlerische Intervention.
Was bringt das den Unternehmen?
Erinnern Sie sich an das letzte Kommunikationstraining? Wurde dessen Wirkung exakt bewertet? Die laute Frage nach dem Nutzen von künstlerischen Interventionen wird ja nur gestellt, weil diese innovative Form der „Beratung“ noch weitgehend unbekannt ist, man noch nie über die besonderen Fähigkeiten von KünstlerInnen nachgedacht hat und das Risiko eines Misserfolgs scheut.
UnternehmerInnen, Managern und MitarbeiterInnen die verstehen, dass Veränderungen und technologische Entwicklung immer einen Eingriff in soziale Gefüge bedeuten, bringt eine künstlerische Intervention sehr viel. Die Bedeutung der Menschen wurde bisher oft übersehen. Enttäuschende Ergebnisse nach Fusionen sind dafür ein gutes Beispiel.
Bei der „Fishbowl“*) zur Frage „Was bleibt?“ habe ich eine schöne Metapher notiert:
„Es ist vergleichbar mit einem Stein, den man ins Wasser wirft – dann entstehen Wellen, die sich in alle Richtungen bewegen!“
Hier einige Aussagen:
Es ist etwas in Bewegung gekommen
Die Identifikation mit dem Unternehmen ist wieder ein Thema
Potenziale wurden entwickelt
Über die emotionale Seite der Zusammenarbeit kann gesprochen werden
Perspektivenwechsel ist nunmehr „normal“
Bei strukturellen Änderungen werden die Menschen „mitgenommen“ und nicht nur informiert
Die Gespräche gehen weiter
Geschichten, Texte, Filme, Artikel, Artefakte,…
Für diese Nachhaltigkeit sind aber die Führungskräfte und MitarbeiterInnen verantwortlich, die KünstlerInnen und der Intermediär können sie dabei unterstützen und durch Reflexionsangebote das Bewusstsein dafür stärken.
*) Wie im Goldfischglas diskutiert im Zentrum eine kleine Gruppe, während im Außenkreis die Teilnehmerinnen zuhören. Ein leerer Stuhl ermöglicht jederzeit mitzureden.
Eine Pop-up-Ausstellung als künstlerisches Spiegelbild der Veranstaltung
Was mich bei der Veranstaltung noch besonders beeindruckt hat, war die Begleitung durch das Künstlertrio drej.
Die Künstlerinnen beobachteten die Diskussionen und brachten in Bildern und Statements die zentralen Themen, Fragen und Ideen „auf den Punkt“. In einer begehbaren Installation konnte man Kernsätze Revue passieren lassen und durch eigene Beiträge ergänzen.
Das Pop-up-Konzept hat auch Ariane Berthoin-Antal angesprochen. Sie widmet einen ganzen Blogbeitrag der Dokumentation der Veranstaltung durch die KünstlerInnen. Viel genauer können Sie darüber also auf dieser Site lesen und Fotos sehen.
pop-up-Ausstellung_foto h.stattler
Und die Zukunft?
Nach diesen „Pionier-Projekten“ sind nun offene und lernbereite Unternehmen gefragt, die sich für eine künstlerische Intervention interessieren, damit durch zahlreiche Projekte diese neue Form der Intervention zu einer bekannten und geschätzten Alternative in der Palette der Beratungsangebote wird.
Nordkolleg_foto h.stattler
Gebraucht wird auch eine Institution, die diese Initiative unterstützt und die künstlerische Intervention bekannt macht. Eine Idee war zum Beispiel eine Roadshow mit den Pionierunternehmen. Das gilt für Österreich genauso wie für Deutschland. Das Nordkolleg war für „Unternehmen! KulturWirtschaft“ eine ideale Homebase. In einer Akademie für kulturelle Bildung, mit dem offenen und engagierten Leiter Guido Froese und ansprechenden Arbeitsräumen mitten im gepflegt-wilden Grün des Gartenareals, sind künstlerische Interventionen optimal aufgehoben. Es wäre schade, wenn das Know-how des Teams um Lena Mäusezahl verloren ginge.
Zurück nach Wien mit Zwischenstopp in Hamburg habe ich dann entspannt am Alster-Ufer in der Dokumentation geschmökert und den Stand up PaddlerInnen an der Alster zugeschaut. Der Fotoapparat war leider im Bahnhof-Schließfach.
Dokumentation_foto h.stattler
Dafür kann ich ein Foto der Dokumentation und das Inhaltsverzeichnis zeigen! Auf 100 Seiten gibt es Berichte über alle acht künstlerischen Interventionen, die beteiligten Künstler, die wissenschaftlichen Erkenntnisse und die Rolle der Intermediäre.
Die Broschüre kann mit einer Email an kulturwirtschaft@nordkolleg.de bestellt werden, sie kostet € 15,- + Versandkosten.
Die erfolgreichen Praxisbeispiele aus Rendsburg geben nun ein Stück Sicherheit. Weitere aus anderen europäischen Ländern gibt es auch (dazu einiges unter „Praxisbeispiele“). Also holen Sie sich Anregungen und dann rufen Sie uns an!
Wir beraten Sie gern.
Interview mit der Künstlerin und Kunstmanagerin Isabelle Uhl, Mitglied im Künstler_innen-Pool des Instituts für Kunst und Wirtschaft
Helga Stattler: Ich habe dich bei einem Projekt als Schauspielerin und Trainerin kennen gelernt. Wann hast du deine künstlerische Ader entdeckt?
Isabelle Uhl: Das war kein gerader Weg. Ich komme aus einem unkünstlerischen Umfeld. Dass ich schon sehr früh zu tanzen begann, habe ich selbst initiiert, zunächst Ballett, dann zeitgenössischer Tanz. Bei der Entscheidung für ein Studium an der Universität des Saarlandes entschied ich mich aber zunächst für Informationswissenschaften und Germanistik. In Saarbrücken gab‘s dann auch eine freie Theatergruppe, dort spielte ich. Dazu verdiente etwas Geld mit Statisterie am Staatstheater Saarbrücken und bekam dann dort auch kleinere Rollen. Zudem hab ich beim Saarländischen Rundfunk und Fernsehen gejobbt und übernahm Regieassistenzen. Nach dem Studienabschluss entschied ich mich (doch) noch Schauspiel zu studieren, um das Handwerk zu erlernen. Deshalb ging ich 1996 nach Wien und besuchte drei Jahre die Schauspielschule Krauss. 1997 wurde in Wien das „urtheater“ gegründet, das 1999 in der Drachengasse mit Improtheater bekannt wurde. Da war ich von Anfang an dabei.
Helga Stattler: 1999 entstanden ja einige Institutionen, in denen sich Kunst mit Gesellschaft und Arbeitswelt auseinandersetzt: Wolfgang Kainz gründete das „Business Theater Wien“ und Walter Kosar gemeinsam mit mir „the company stage“, Unternehmenstheater. Die ersten Theaterworkshops für Führungskräfte wurden von innovativen Personalentwicklern eingesetzt.
Isabelle Uhl: Im urtheater arbeiteten auch einige Kolleg_innen mit Theatermethoden für Teamtrainings, bei Workshops und Firmenveranstaltungen. Wir hatten bereits 20 Mitglieder, meine Rolle war damals Produktionsleitung und PR bei Theaterproduktionen des urtheater. Parallel war ich immer auch als freie Schauspielerin aktiv, kurz auch mal fix im Burgtheater. In Wien war die Zeit der Theaterreform und wir reichten damals ein gemeinsames Arbeitskonzept mit zwei anderen freien Gruppen ein. Gleichzeitig war bei mir auch die Zeit für Familie und drei Kinder. Wir bekamen als Leitungsteam das TAG (Theater an der Gumpendorferstrasse) und ich besann mich auf meine Stärken, nämlich beide Seiten zu leben, die künstlerischen Fähigkeiten und die organisatorischen. So arbeite ich im TAG als Leiterin der Dramaturgie und Assistenz der künstlerischen Leitung.
Helga Stattler: Wie schaut bei dir die Dramaturgie einer künstlerischen Intervention aus? Wie würdest du vorgehen?
Isabelle Uhl: Bei einer künstlerischen Intervention würde ich im Unternehmen zunächst das Gespräch mit den Menschen suchen, um herauszufinden: Wie sind sie drauf, welche Teams gibt es, welche Strukturen? Und: Wie sind sie aufgestellt, wie denken sie, hat das Potenzial genügend Raum, um sich zu entfalten? Wahrscheinlich nicht, weil es kein perfektes Umfeld gibt. Dann würde ich ein Setting überlegen, wie dieses Potenzial entfaltet werden könnte. Wichtig wäre mir der Austausch quer über die Hierarchie, einerseits die Frage, ob vom Management gesehen werden kann, welches Potenzial da ist, aber auch, dass die Mitarbeiter sehen, welchen Anforderungen das Management ausgesetzt ist. Das Setting ist ein Vehikel, um dafür Raum zu schaffen, ins Gespräch zu kommen, außerhalb der gewohnten Arbeitsgespräche. Dabei ist mir auch Humor ein wichtiges Mittel. Wir werden über die Rollen im Unternehmen reden, darauf schauen, ob es möglich ist den Gedanken Freiraum zu lassen, auch utopische Dinge zuzulassen, die man sich normal verbietet.
Helga Stattler: Wir erleben in Gesprächen mit potenziellen Kunden eine gewisse Skepsis gegenüber kunstbasierten Methoden, obwohl viele auf der Suche nach Innovationen sind.
Isabelle Uhl: Das Bild des Künstlers entspricht nicht der Realität. Die meisten Menschen haben keine Vorstellung davon wie Künstler wirklich leben, wie ihre Werke entstehen, wie der Schaffungsprozess abläuft. Es gibt nicht DEN Künstler oder die Künstlerin, das wird leider auch von der Politik gepflegt, zum Beispiel um zu definieren wer ein/e Künstler_in ist. Wenn Unternehmen und Künstler_in gemeinsam arbeiten würden, käme es bei beiden zu einer Anpassung an die Realität. Es würde verändern wie man Dinge sehen kann, das Leben und das Umfeld bereichern.
Helga Stattler: Was könnte der „Schuhlöffel“ zur Bewusstseinsbildung sein?
Isabelle Uhl
Isabelle Uhl Zum Beispiel ein Kennenlernen bei einem Training zur Teambildung, oder einmal im Jahr eine Klausur, die von KünstlerInnen gestaltet wird. Auch eine Improshow zur Unterhaltung bei Events ist erlaubt, aber sie muss auf das Unternehmen abgestimmt sein. In einem künstlerischen Umfeld sein und selbst künstlerisch arbeiten – das schafft einen anderen Blickwinkel. Das wäre für jeden Menschen empfehlenswert.
Ein gutes Beispiel für eine gute Beziehung zwischen Unternehmern und Künstler_innen ist der Kunstfrischmarkt im 7.Bezirk. Er ist für Beide eine win-win-Situation. Es entsteht ein Netzwerk und die Menschen erfahren, dass Kunst große Kraft hat.
Helga Stattler: Gesellschaftliche Ziele werden erreicht, aber was lernen die Unternehmen und die MitarbeiterInnen bei einem solchen Projekt?
Isabelle Uhl: Zumindest lernen sie nicht nur Werke sondern auch Künstlerinnen und Künstler als Menschen näher kennen. Es ist ein gegenseitiges Wahrnehmen, und zwar auf Augenhöhe und nicht in der klassischen Sponsoring-Haltung.
Helga Stattler: Wann ist der „richtige“ Zeitpunkt für eine künstlerische Intervention?
Isabelle Uhl: Es gibt nie den richtigen Zeitpunkt. Durchaus auch in Krisensituationen und nicht nur als Sahnehäubchen in guten Zeiten. Das ist zwar Ok und wunderbar und wäre auch ein Einstieg um einander kennen zu lernen. Aber gerade bei Problemen, wo man nicht mehr weiter weiß, ist ein Blick von außen sinnvoll, von jemandem der anders denkt. Raus aus dem Tunnelblick!
Was ich mitgenommen habe von Keith Johnstone, dem wunderbaren Lehrer und Erfinder vieler neuer Arten der Improvisation, ist: Eine Geschichte findet nur statt, wenn ich sage „JA und …“. Schon bei „Ja ABER …“ stockt es, es entsteht nichts Gemeinsames. Wir sind gewohnt, erst einmal NEIN zu sagen, auch um uns zu schützen. „JA und …“ kann das Leben sehr bereichern. Jedes Unternehmen könnte daran wachsen, wenn es sich darauf einlässt. Dazu gehört auch das Scheitern, möglichst lustvoll und mit Humor. Da werden Unternehmer protestieren – das kann ich mir nicht leisten! Keith hat dazu gesagt: Spring nicht in einen Swimmingpool, wenn kein Wasser drin ist!
In der Wirtschaft geht es um Zahlen, das ist OK. Wenn man auch noch schafft die Menschen zu sehen, wäre das sehr SINN-voll für alle.
Das Projekt „Unternehmen! KulturWirtschaft“ am Nordkolleg Rendsburg in Schleswig-Holstein zieht zur Halbzeit Bilanz. Das Team um Projektleiterin Lena Mäusezahl initiiert und begleitetet künstlerische Interventionen in regionalen Unternehmen, agiert also als Intermediär zwischen Kunst und Wirtschaft.
Ohne das Nordkolleg als Mittler wären die künstlerischen Interventionen nicht entstanden, sind sich die Akteure aus Kultur und Wirtschaft einig. In einem ersten Rückblick auf die gemeinsamen Experimente wurde Bilanz gezogen: „Standard-Rezepte und –formate gibt es für die Interventionen nicht. Jede Intervention ist auf eine individuelle Fragestellung ausgerichtet und wird maßgeschneidert. Dabei können sämtliche Kunstsparten und Formate zum Einsatz kommen. Unsere Kernkompetenz liegt darin, ein passendes Matching und eine gute Prozessbegleitung zu gewährleisten“, erklärt Lena Mäusezahl.
Bei Holm & Laue in Westerrönfeld, Spezialisten für die Kälberaufzucht, errichteten die Flensburger Künstlerinnen Dany Heck und Christiane Limper für fünf Wochen ein Künstlerbüro. Von dort aus starteten sie einen humorvollen Befragungsprozess und kreierten in neu durchmischten Mitarbeiterteams eine gemeinsame Wohlfühlzone im Kälber-Iglu.
Bei Haus & Grund Kiel, einem Verein von Haus- und Wohnungseigentümern, machten Hanno Hart und Gabi Kob aus den Mitarbeiterinnen in der Empfangshalle eine Filmcrew, um den Teamgeist aufzufrischen und den Blick auf die eigene Arbeitswelt neu zu erfinden. In vier Monaten entwickelte und produzierte das Team eine hauseigene Serie.
Bei der Getreide AG Rendsburg, einem weltweit agierenden Agrarhandels-Unternehmen, fanden sich die Nachwuchsführungskräfte am Zeichentisch wieder. Dort entwarfen sie mit Tim Eckhorst und Gregor Hinz ein gemeinsames Bild ihres Unternehmens in Form einer Comic-Landkarte.
Die Illustrationen im Bericht von Birthe Dierks wurden von Volker Sponholz während der Veranstaltung „Halbzeit“ als Graphic Recording live gezeichnet.
Die wissenschaftliche Begleiterin, Dr. Anke Strauß vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung erklärte, die Qualität der künstlerischen Interventionen liege darin, Menschen zu öffnen. Das bestätigten auch die teilnehmenden Unternehmen, sowohl die Kommunikation insgesamt als auch besonders konstruktive Kritik sind seit den Projekten verstärkt zu erleben. Dabei gab es anfangs überall etwas Skepsis gegenüber den Künstlern. Die Künstler haben es aber jeweils geschafft, diese Skepsis in eine positive Dynamik zu überführen.
In der nächsten Projektphase wird es darum gehen, die gewonnene Expertise zu dokumentieren und die Erfahrung in die nächsten Projekte einfließen zu lassen. Das Projekt, das noch bis Ende 2015 läuft, wird vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, dem Zukunftsprogramm Wirtschaft der EU, dem Bund und dem Land Schleswig-Holstein gefördert.
„Künstlerische Irritationen in Unternehmen“ ist der Titel einer Publikation von Susanne Fenkart in der Zeitschrift momentum Vol. 3, No 2., nachzulesen unter
– Die gute Auswahl der drei Praxisbeispiele, die eine breite Palette von möglichen Kunst-Interventionen beschreiben. Einerseits zeigt Susanne Fenkart die Gemeinsamkeiten auf, gleichzeitig erstaunt gerade die völlig unterschiedliche Herangehensweise der KünstlerInnen und die Reaktion von Management und MitarbeiterInnen.
– Die Autorin stellt höchst spannende Fragen am Ende jeder Fallstudie, die dazu einladen, gleich selbst zu überlegen, wie man sich in einer solchen Situation verhalten würde.
– Die durchgängige Betrachtung des Themas Kunst und Organisationsentwicklung entsprechend den Prinzipien des Systemischen Management. Sie schreibt zum Beispiel, dass systemtheoretisch betrachtet Fortschritt durch Interventionen und Irritationen aus der Umwelt ausgelöst wird. Das sind die wesentlichen Elemente für Veränderungsprozesse und Weiterentwicklung in sozialen Systemen. Durch Irritation wird ein System gestört, auf etwas aufmerksam gemacht, angeregt. Die Kunst irritiert dadurch, dass sie nicht festlegt, wie sie die Realität beobachtet – kritisch, idealisierend, ironisch – ohne das Ziel gleich mit anzugeben. Kunst zeigt auf, dass mehr Kombinationen möglich sind als angenommen, dass alles auch anders gemacht werden könnte.
Damit erhöht sich die Chance, dass gewohnte Verhaltensweisen verändert werden, und zwar vom System selbst. Allerdings ist Widerstand unvermeidlich, denn die Systeme wehren sich zunächst gegen die Angriffe von außen. Fenkart zitiert den führenden systemischen Organisationsberater Fritz B. Simon (aus seinem Beitrag „Künstlerische Interventionen im wirtschaftlichen Kontext“ im Buch Oeconomenta):
„ Die Art des Wirksamwerdens, ohne dass die Wirkung vorhersehbar ist, wird als Irritation bezeichnet, das heißt, das Geschubstwerden wirkt auf das so behandelte System als „Störung“ oder „Anregung“ , auf die es seiner internen Strukturen gemäß reagiert. Auf diese Weise ist es in der Lage, aus Erfahrungen zu lernen und Strukturen wie Verhaltensschemata zu verändern.“
Susanne Fenkart
Bereits 2011 sind mir die Arbeiten von Susanne Fenkart aufgefallen, als ich im Internet die Kurzbeschreibung ihrer Studie „Zum Verhältnis von Kunst und Wirtschaft“ fand. Seither sind wir in ständigem Mailkontakt, heuer im Mai haben wir uns dann endlich persönlich kennen gelernt. Neben dem Team um Ariane Berthoin Antal vom WZB Wissenschaftszentrum Berlin und unserem Team vom Institut für Kunst und Wirtschaft in Wien ist Susanne Fenkart eine der wenigen, die sich wissenschaftlich mit dem Thema Kunst und Wirtschaft beschäftigen. Deshalb schätzen wir den Austausch mit ihr ganz besonders.
Susanne Fenkart schloss 2013 ein Diplomstudium der Kunstgeschichte und gleichzeitig ihr Doktoratsstudium der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an der Universität Innsbruck ab. Für ihre Dissertation „Zum Verhältnis von Wirtschaft und Kunst“ führte sie 28 narrative Interviews mit Unternehmensvertretern und Bildenden Künstlern in Österreich, Deutschland, Italien und Liechtenstein. Die Arbeit wird im Herbst im Kulturverlag Kadmos erscheinen und ich werde natürlich das Buch hier im Blog besprechen. Anlässlich des Welttags der Wissenschaft am 10.11.2014 wird Frau Fenkart den Wissenschaftspreis des Landes Vorarlberg – Spezialpreis zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses – im Landhaus Bregenz überreicht bekommen. Wir gratulieren!
Nun aber zu ihrer gerade erschienenen Arbeit „Künstlerische Irritation in Unternehmen“. Fenkart spannt den Bogen von der Kunst die immer schon gesellschaftliche Entwicklungen und Probleme thematisiert hat über die Wirkung von Irritation auf den Fortschritt bis zu den Einsatzmöglichkeiten und der Wirkung künstlerischer Irritationen in Unternehmen.
Anhand von drei Beispielen zeigt sie dann die Vielfalt der Wirkungen auf. Eines dieser Praxisbeispiele, das Projekt „8 x 5 x 363 + 1“ der Künstlerin Raphaelle De Groots, kannte ich noch nicht und fand die Beschreibung so spannend, dass ich Frau Fenkart eingeladen habe, darüber einen Beitrag für diesen Blog zu schreiben. Sie werden die Geschichte über die Tuchfabrik Cittadellarte in Biella, Italien, also demnächst hier lesen können. Es geht um den Arbeitsalltag der MitarbeiterInnen, die durch punktuelle Handlungen der Künstlerin angeregt wurden, die eigene Arbeit zu reflektieren – eine sanfte Irritation der bestehenden Ordnung.
Die beiden anderen Beispiele können Sie sowohl in der Arbeit von Susanne Fenkart als auch in diesem Blog lesen – aus zwei Perspektiven, die einander ergänzen.
Da ist zunächst das umfassende unternehmerische Kunstengagement einer führenden Unternehmensberatung, der Droege Group in Düsseldorf, das seit rund 20 Jahren ein integraler Bestandteil der Unternehmensphilosophie ist. Im Kunstkonzept von Droege wird davon ausgegangen, dass der Umgang mit Kunst zum Sehen anstiftet und damit einen Bewusstwerdungs-Prozess unterstützt.
Das dritte Fallbeispiel, „The Trainee“, ist wohl die eindeutigste „Irritation“ eines Systems. Oder wie würden Sie reagieren, wenn eine neue Praktikanten, die anfangs den Erwartungen gemäß gearbeitet hat, nun ruhig an ihrem Schreibtisch sitzt und offensichtlich NICHTS tut? Und wenn Sie auf Ihre Nachfrage antworten würde: „Ich denke nach“? Deloitte präsentierte das Projekt in zahlreichen Museen international und u.a. in seiner Lounge am Helsinki Vantaaa Airport.
Hier also nochmals die Einladung die Beispiele nachzulesen und der Link zur Arbeit von Susanne Fenkart:
Vor kurzem war ich in Berlin, um mehr über die Hybrid Plattform zu erfahren, auf die ich durch Medienberichte aufmerksam wurde. Auf dem Weg von der U-Bahn zum Gesprächstermin ist mir die unmittelbare Nachbarschaft der beiden Gebäude der Technischen Universität und der Universität der Künste gleich aufgefallen. Offensichtlich trug diese Nähe dazu bei, 2011 eine gemeinsame Arbeitsplattform auf dem Campus Charlottenburg zu gründen. Inzwischen hat diese transdisziplinäre Kooperation weitere Partner aus Wissenschaft, Kunst, der Wirtschaft und der Kreativwirtschaft angezogen und mehr als 30 Projekte verwirklicht.
Die beiden Projektkoordinatorinnen Kathrin Engler (UdK) und Claudia Müller (TU) schilderten mir die dynamische Entwicklung der Hybrid Plattform. Der Verbund einer künstlerisch-gestalterischen Universität, einer technisch-naturwissenschaftlichen Universität und Wirtschaftsunternehmen verschiedener Branchen und Größen ist einzigartig. Ausschlaggebend für den Erfolg ist, dass die ExpertInnen der verschiedenen Disziplinen von Anfang an gemeinsam arbeiten und nicht wie normalerweise üblich hintereinander. Fachübergreifendes Denken müssen viele erst lernen, der Lohn sind neue Freiräume, die unkonventionelle Ideen und Lösungen ermöglichen.
Zu den Projekten gleich ein Beispiel: Gute Software zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass es Spaß macht, damit zu arbeiten. Intuitiv und nutzerfreundlich soll sie sein, ein Erfolgskriterium, das von Entwicklern noch kaum beachtet wird. Ziel des Projekts „UseTree“ ist es, die Wettbewerbsfähigkeit kleinerer und mittlerer Software-Unternehmen in der Region Berlin-Brandenburg durch „Usability“ zu stärken. Die Hybrid-Plattform hat die Projektpartner zusammengeführt und die Projektkommunikation übernommen.
Das Projekt „Landschaftschoreografie“ verknüpft Landschaftsgestaltung mit Choreographie. Durch Körper- und Improvisationstechniken, Beobachten und spielerisches Gestalten werden der umgebende Raum und damit verbundene emotionale Aspekte erfahren und reflektiert. Choreographische Methoden arbeiten mit Rhythmen, Sequenzen und Wiederholungen, spielen mit Perspektivwechsel zwischen Akteur, Performer und Zuschauer und hinterfragen darin fixierte Rollenverständnisse. Dieses Projekt entwickelte Alternativen zur üblichen Top-Down-Konfliktmoderation mit dem Ziel eines Interessenausgleichs in der Landschafts- und Raumgestaltung. Es sensibilisiert für landschaftliche Veränderungsprozesse und trägt zur Vielfalt der Akteure innerhalb urbaner Entwicklungen bei.
Im Video über die Hybrid Plattform werden weitere drei Projekte beschrieben. Gleich das erste ist besonders interessant.
[vimeo http://vimeo.com/84672819]
Woran können Informatiker, Musikwissenschaftler, Akustiker, Designer, Komponisten und Interpreten gemeinsam arbeiten? Dieses multidisziplinäre Team hat sich als Ziel gesetzt, neue elektronische Musikinstrumente für zeitgenössische Musik zu entwickeln, und zwar solche, die nicht nach den strengen Kriterien von Technikern gebaut werden, sondern den Künstlern und Musikern Entfaltungsmöglichkeiten und Spielraum bieten.
Der Musiker und Komponist Prof. Dr. Alberto de Campo bringt die Chance, die in diesem Projekt liegt auf den Punkt:
„Im besten Fall finden wir in diesem Suchprozess andere Dinge als die, nach denen wir ursprünglich gesucht haben.“
Wünscht sich das nicht jedes Unternehmen, das nach Innovationen, nach dem wirklich Neuen forscht?
Die Hybrid Plattform Berlin bietet einen einzigartigen Freiraum für Fragen, Ideen und Experimente, denn Freiraum ist essentiell für kreative Prozesse und zukunftsträchtige Innovationen. Das Ziel der Hybrid Plattform für die Zukunft: Die erste Adresse für Fragen sein, die andere nicht beantworten können!
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